Wenn die Musik spielt im Kölner Dom, dann kommen die Menschen in Scharen – fast alle Veranstaltungen in Deutschland berühmtester Kathedrale sind „ausverkauft“. Sie kosten allerdings im Gegensatz zum gleichermaßen erfolgreichen Fußballstadion keinen Eintritt. Die Domschweizer und neuerdings auch Domschweizerinnen (das Ordnungspersonal in seinen Talaren) winken zum Abschied eher defensiv mit ihren roten Klingelbeuteln. Wer die Musik bestellt, bestimmt nicht nur, was sie spielt (so die Weisheit eines Karnevalsschlagers), sondern er darf auch die Kosten tragen.
Jetzt feierte das Domkapitel, die verwaltende Körperschaft des öffentlichen Rechts, das 700-jährige Jubiläum der Fertigstellung des Domchores. Seit 1322 dient er als Standort des Dreikönigenschreins, der bereits knapp 150 Jahre zuvor für die Gebeine der Heiligen Drei Könige gefertigt wurde – die Reliquien setzten Pilgerströme aus ganz Europa in Bewegung. Der Bau der gesamten gotischen Kathedrale darf als Reliquiar, also Behältnis für den Schrein, gewertet werden. Dieser stellt bis heute die größte mittelalterliche Goldschmiedearbeit Europas dar.
So saßen einst auch zu den „Geistlichen Musiken am Dreikönigenschrein“ die Hörer im Chorgestühl hinter dem Altar und lauschten dem jeweiligen Konzert. Der Schrein, der aufragende Raum, die umgebenden Chorkapellen und die hallende Akustik versprachen als Gesamtkunstwerk jedes Mal ein wirklich einzigartig elitäres Vergnügen.
Heute werden bei größeren Ensembles die Hörer im Langschiff platziert. Und auch dann glänzt der Schrein aus der Ferne wie jüngst beim „Dreikönigsoratorium“, eine Festmusik, die der Hohe Dom sich erstmals auf den Leib seiner verfügbaren Ensembles hatte schreiben lassen. Beschäftigt wurden dabei der Kölner Domchor, der Mädchenchor am Kölner Dom und das Vokalensemble Kölner Dom. Letzteres kooperiert dank seiner hohen Qualität häufiger mit dem Gürzenich-Orchester und anderen Kölner Institutionen. Domkapellmeister Eberhard Metternich und der Domkantor Oliver Sperling haben wirklich gute Arbeit geleistet und eine sehr solide Basis für hervorragende Konzerte geschaffen. Zwölf Termine werden alljährlich in unterschiedlichen Projekten dieser 1991 gegründeten Reihe besetzt, eines lockt auch im November. Dann berühren der Domkapellmeister und sein Vokalensemble vielleicht mit dem sehr aktuellen Gründungsmotto der Reihe: „Da pacem, Domine!“
Geistliche Musik am Dreikönigenschrein | Mi 19.11. | Kölner Dom
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