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Seit 2004 Fraktionsvorsitzender im Rat: Gerd-Peter Zielezinski
Foto: Presse

„In Zukunft mehr differenzieren“

30. März 2017

Politiker Gerd-Peter Zielezinski über den Vorfall im Swane-Café – Interview 04/17

Selly Wane hatte Anfang März zu einer Landtags-Infoveranstaltung in ihrem Café eingeladen. Weil auch ein AfD-Vertreter kommen sollte, rief die LINKE zum Boykott der Veranstaltung auf. Der LINKE-Fraktionsvorsitzende im Rat Gerd-Peter Zielezinski erklärt seine Position.

engels: Herr Zielezinski, die abgebrochene Veranstaltung hat vor allem der AfD viel Aufmerksamkeit beschert. War es ein Fehler Ihrer Partei im Vorfeld zum Boykott der Veranstaltung aufzurufen? Und haben Sie jetzt indirekt nicht sogar Wahlkampfhilfe für die AfD geleistet?
Gerd-Peter Zielezinski: Ganz klar nein. Wir sind nach wie vor davon überzeugt, dass es richtig war, so klar Position gegen die Einladung der AfD zu beziehen. Das kann ich auch genau erklären: Wir wissen, dass es immer schon latente ausländerfeindliche und rechte Stimmungen in der BRD gab. Bisher lief der Diskurs aber immer so, dass diese Stimmungen keinen Einfluss auf den politischen Prozess nehmen konnten, weil sich die anderen Parteien einig waren. Ich kann mich noch an eine Zeit erinnern, da war die NPD in sieben Landtagen vertreten. Man musste dieses Wahlergebnis hinnehmen. Aber es war gar keine Frage, dass die anderen Parteien die NPD geschlossen ignoriert haben. Mit der AfD sehen wir den Versuch, extremistische Positionen in das Antlitz einer „normalen“ Partei zu verpacken. Dieser schleichenden „Normalisierung“ von grundgesetzfeindlichen Aussagen müssen wir mit aller Entschiedenheit entgegentreten.

Welche Rolle spielt die Veranstalterin Selly Wane?
Die AfD fährt eine gefährliche Doppelstrategie. Auf der einen Seite erzielt sie mit ganz bewusst provozierenden Aussagen von Mitgliedern wie Höcke, Gauland oder von Storch hohe Aufmerksamkeitswerte. Auf der anderen Seite ist die Partei sehr darauf bedacht, als seriös und bürgerlich wahrgenommen zu werden. Eine gemeinsame Veranstaltung mit einer dunkelhäutigen Muslima wie Selly Wane passt da perfekt ins Konzept. Die Aussage: Wenn wir hier mitdiskutieren, können wir ja wohl kaum rassistisch sein. Sozusagen als Freibrief für offen rassistische Aussagen, die dann an anderer Stelle fallen. Zum Beispiel Gaulands berühmt gewordener Satz, man wolle Boateng nicht als Nachbarn haben.

Viele potenzielle AfD-Wähler müssten eigentlich eher die Zielgruppe einer linken Politik sein. Sie fühlen sich als Verlierer der Agenda 2010 oder haben Sorgen vor den Folgen der Globalisierung. Ist es nicht ein großer Fehler, diese Menschen von vorneherein in die rechte Ecke zu stellen?
Es ging in unserem Boykottaufruf doch nicht um die Wähler sondern um die Funktionäre. Natürlich sind wir offen für Gespräche mit allen Menschen, so lange sich deren Aussagen im Rahmen des Grundgesetzes bewegen. Ganz grundsätzlich müssen wir aber aufpassen, dass wir unsere Politik nicht der Rhetorik der AfD passen. Es kann zum Beispiel nicht sein, dass Fragen der sozialen Gerechtigkeit oder der Arbeitsmarktpolitik in einem Atemzug mit der Flüchtlingsfrage diskutiert werden. Das sind völlig unterschiedliche Politikfelder, die man auf keinen Fall vermischen darf. 

Übrigens: Außer einigen eingefleischten Unterstützern war an dem Abend im Swane-Café kein einziger potenzieller AfD-Wähler vor Ort. Die Argumentation, man hätte hier mögliche Protestwähler umstimmen wollen, kann ich schon deshalb nicht nachvollziehen.

Bei YouTube gibt es unschöne Bilder des Abends zu sehen. Linke Aktivisten, die sich gegen Rassismus engagieren, brüllen die dunkelhäutige Veranstalterin Selly Wane an. Unglücklich gelaufen?
Ja, das ist sehr unglücklich. Bei aller berechtigten, scharfen Kritik an den AfD-Funktionären. Diese Kritik darf nicht eine Veranstalterin wie Selly Wane treffen. Da müssen wir uns alle zusammenreißen, in Zukunft mehr zu differenzieren.

Ist es nicht schade, dass nun so viel über die AfD statt über politische Inhalte geredet wird?
Ja, das ist schade.Bildungs-, Gesundheits- und natürlich Sozialpolitik, es gibt viele Felder bei der sich in diesem Superwahljahr eine inhaltliche Auseinandersetzung lohnt. Ich hoffe, wir schaffen es, hier in Zukunft wieder eine sachlichere Diskussion hinzubekommen.

Interview: David Fleschen

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