Sänger sind wie ein guter Wein. Manchmal überzeugen sie bereits jung aufbrausend und mit frischer kräftiger Note. Aber sie sollten besser reifen, sich veredeln. Beim Sänger sollte man dann aber nicht zu lange warten: Mit Mitte vierzig befindet sich der Bariton Michael Nagy auf einem Leistungszenit. Und beinahe jeder möchte den Sänger auskosten, die Bühnen reißen sich momentan um den sympathischen Barden. Das lässt sich auch an seinem Bühnenfahrplan im goldenen Oktober ablesen, der klug gebaute, arbeitsreiche Monat wird dem Sänger nicht die Stimme ruinieren.
Michael Nagy hatte das Glück, bereits als Kind bei den Stuttgarter Hymnus-Chorknaben eine solide musikalische Grundausbildung zu erhalten – der Knabenchor gilt als klassische Schmiede für künftige Sänger. Die Ausbildung in einem Alumnat erzeugt aber weitaus mehr praktische Lebenstauglichkeit, will heißen: Nur ein Bruchteil der Chorknaben wird sich als Sänger etablieren, der Stimmbruch verkürzt oft den angestrebten Weg.
Bei Nagy – der Name weist auf ungarische Wurzeln – mündete sein Talent in ein Studium, Gesang, Dirigieren, Liedgestaltung: Der junge Mann hielt sich den Weg breit. In Berlin startete er an der Komischen Oper, in Frankfurt erarbeitete er sich sehr erfolgreich ein großes Repertoire mit Mozart-Rollen, Fledermaus, Puccini bis Wagner. Als Wolfram im Tannhäuser debütierte er in Bayreuth, in Baden-Baden gastierte er als Papageno mit Sir Simon Rattle. Von Wien bis Berlin reist Nagy im deutschsprachigen Raum, wechselt mal den Kontinent, und er kommt nach Köln. Der Papageno hat Nagy an die Bayerische Staatsoper geführt und mal kurz nach Japan, diese exaltierte Rolle wird seiner großen Spielfreude und Fantasie gerecht. Dann kommt der Bariton nach Köln. Hier hat er auch schon an der Oper gesungen und singt auch in der laufenden Spielzeit im Figaro, aber jetzt ruft die Philharmonie mit Joseph Haydns „Die Jahreszeiten“. Dafür ist die „Vorübung“ mit Mozart-Arien ideal, das Kölner Kammerorchester und Christoph Poppen arbeiten historisch informiert: Das passt.
Nächste Station ist das Gewandhaus in Leipzig, hier wartet das Deutsche Requiem von Brahms. Auch hier wird ein lyrischer Bariton mit exzellenter Sprache gefordert, eine Traumpartie für jeden Bariton, mit der Nagy nach Paris, nach Wien und wieder nach Tokio reist. Am 5.11. erklingt das Requiem mit Nagy übrigens in der Düsseldorfer Tonhalle, allerdings mit dem Landesjugendorchester NRW und dem Jugendchor am Kölner Dom – Jugendarbeit ist ehrenvoll und wichtig.
Davor erwartet aber der ausgewiesene Lied-Spezialist und Pianist Gerold Huber den Bariton zur edelsten Kammermusik des Sängers, einem Liederabend, wieder in der Kölner Philharmonie. Hier präsentiert Nagy Schostakowitschs „Michelangelo-Suite“, ein Werk aus dem letzten Lebensjahr des Komponisten, melancholische Lieder mit Todesahnung. So tobt Nagy als leicht durchgeknallter Vogelhändler Papageno in den Oktober und widmet sich dann der menschlichen Vergänglichkeit im Requiem und Liedgesang: Herbststimmung!
Haydn: Die Jahreszeiten | Sa 7.10. 20 Uhr
Liederabend mit Michael Nagy & Gerold Huber | Di 17.10. 20 Uhr
Kölner Philharmonie | 0221 280 280
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