Er ist einer der außergewöhnlichsten Opernkomponisten unserer Zeit:Als letzter Schüler der französischen Musik-Ikone Olivier Messiaen, welcher ihm einst eine „ähnlich große Begabung“ nachsagte, „wie sie dem jungen Mozart von Haydn bescheinigt wurde“, dirigiert der Brite Sir George Benjamin bei den konzertanten Aufführungen seiner jüngsten Oper „Lessons in Love and Violence“ selbst.
Aus dem Jahr 2012 stammte Benjamins erstes abendfüllendes Musiktheater „Written on Skin“, eine bluttriefende Story aus alter Zeit mit krachenden neuen Orchesterklängen. Wer Geschmack an diesem einzigartig bohrenden und emotional aufrührerischem Werk fand und sich sowohl in die schillernden und explodierenden Orchesterfarben wie die wild, weil innig vorgetragenen Parlandi dieser Konversationsoper verhörte, dem ward ein einzigartiges Oper-konzertant-Erlebnis in höchster Qualitätsstufe vergönnt. Jetzt ergibt sich eine zweite Chance auf eine solche Erfahrung „zwischen erdiger Emotionalität und engelsgleicher Reinheit“, so berichtet die New York Times.
Auch beim Erstling stand der Komponist Benjamin selbst am Pult des stark aufgerüsteten Mahler Chamber Orchestra und die kleine Solistenschar operierte auswendig und agierte halbszenisch. Ungewohnt dicht hängt die Musik in seinen Bühnenstücken an den Figuren, gibt ihnen einen klingenden Subtext mit, überträgt den gesungenen Schrei in die Sprachlosigkeit. Auch wenn der Orchestersatz atonale Flächen aufruft und selten ariose Melodien schenkt – die Musik atmet und empfindet und liefert jene unbeschreibliche emotionale Dimension, die nur das Musiktheater birgt; auch ohne Bild und Kostüme. „Ich mag konzertante Opernaufführungen“, sagt Benjamin, „weil das Orchester gesehen und mit größerer Klarheit gehört werden kann“, wie ihn der Pressetext der Philharmonie Köln zitiert.
Nach der Uraufführung der neuen Oper 2018 in London und der deutschen Erstaufführung in Hamburg rissen sich die hiesigen Philharmonien um eine konzertante Aufführung des wiederum recht blutigen Stoffes. Text-Autor Martin Crimp behandelt hier die homosexuelle Liebe des englischen Königs Edward II. zu einem Emporkömmling und die daraus resultierenden Folgeerscheinungen: Mord, Intrigen, Hinrichtungen lernen die Königskinder von ihren durchtrieben Eltern – und wenden das Gelernte kunstvoll an.
Lessons in Love and Violence | 27.4.20 Uhr, Konzerthaus Dortmund | 29.4. 20 Uhr, Kölner Philharmonie | 30.4.17 Uhr, Philharmonie Essen
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