 
		engels: Herr Ott, was raten Sie dem Verbraucher bezüglich der Wahl von Stromanbietern?
Hermann Ott: Ich sage den Leuten, dass sie schauen sollen, wie ihr regionaler Versorger aufgestellt ist. Münchnern würde ich immer raten, bei ihren Stadtwerken zu bleiben und bei deren grünen Stromtarifen. Die Münchner Stadtwerke verzichten gänzlich auf Atomstrom, fördern dezentrale kleine Blockheizkraftwerke und sind auch sonst im Ökobereich sehr engagiert. In Wuppertal aber haben sich die Verhältnisse seit ein paar Jahren verändert. Die WSW sind nicht mehr das kleine nette Stadtwerk sondern Teil eines Global Players. Dadurch, dass die Stadtwerke hier zu über 30 Prozent dem Konzern GDF Suez Energie gehören, sind sie auch ein Produzent von Atomstrom.
Hat die Liberalisierung des Strommarktes eigentlich wirklich Vorteile für den Kunden gebracht?
Die Liberalisierung beschreitet ja nur den halben Weg zu einer kunden- und umweltfreundlichen Stromversorgung. Andere Dinge sind vernachlässigt worden. Das hat dazu geführt, dass nur die großen Konglomerate, man nennt sie manchmal auch die vier großen „Besatzungsmächte“, E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall, den Markt beherrschen und ein Oligopol errichteten. Da hätte der Gesetzgeber regelnd eingreifen müssen.
Die Stromnetze befinden sich in privater Hand.
Da tut sich im Moment etwas. Bis vor kurzem waren alle Netze in der Hand der Energieversorger. Jetzt werden die Netze allmählich verkauft, aber eben auch wieder an private Investoren. Im Grunde müssten die Netze ähnlich wie die Straßen in öffentlicher Hand sein. Stromversorgung ist eine Aufgabe der Daseinsvorsoge und sollte deshalb nicht privaten Firmen überlassen werden. Deren legitime Profitinteressen müssen sich nicht unbedingt decken mit gesellschaftlichen Interessen.
Wie macht sich das bemerkbar?

Windkraftwerke haben es zuweilen sehr schwer, ihren Strom ins Netz einzuspeisen. Es gibt Vertragsklauseln, die besagen, dass Netzbetreiber Windparks von ihrem Netz nehmen können, wenn ansonsten ein Zusammenbruch des Netzes droht. Das machen die Netzbetreiber gelegentlich auch dann, wenn gar keine Gefahr für die Netze besteht.
Das Netz soll ja in Folge der neuen Energiewende stark ausgebaut werden, damit die Windenergie in den Süden gelangt.
Diese Pläne sind Unsinn. Da verlassen sich die Entscheidungsträger auf eine Studie, die von großen Energieversorgern maßgeblich beeinflusst wurde. Die 3.500 km Hochspannungstrasse werden angeblich benötigt. Die Studie geht davon aus, dass weiterhin nur Großkraftwerke oder große Windparks im Meer gebaut werden und der Strom von Norden in den Süden transportiert werden muss. Wenn wir aber die dezentrale Energieversorgung mehr fördern, brauchen wir diese Trassen gar nicht. Mit dem Sieg von Grün-Rot in Baden-Württemberg wird dort die Windenergie endlich ausgebaut.
Ein dezentrales Stromnetz sähe also ganz anders aus?
Ja, und deshalb müsste es auch in öffentlicher Hand sein. Durch den Umbau des Stromnetzes gestalten wir letztlich unsere Zukunft. Um die Umstellung der Stromversorgung auf erneuerbare Energiequellen bis 2030 zu bewältigen, muss man notfalls die Netzbetreiber zu den erforderlichen Maßnahmen zwingen.
Sind die Grünen wirklich so links, dass Sie das fordern wollen?
Dieses Vorhaben lief unter dem Stichwort „Zerschlagung der Stromkonzerne“. Inzwischen kann man auch das Wort „Unbundling“ verwenden, das hört sich gleich viel harmloser an, bedeutet aber dasselbe. Das müssen wir ab 2013 angehen, denn die jetzige Regierung schafft das nicht.
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