Da sind sie noch mal, in der Originalbesetzung, mit ihrem heute schon klassischen Repertoire. Und genau deswegen ist diese Präsentation im Landesmuseum in Bonn so sehenswert, ja, sensationell. Sie rekonstruiert eine legendäre Ausstellung der ZERO-Künstler Heinz Mack, Otto Piene und Günther Uecker zu ihrem 50-jährigen Jubiläum. Am 25. November 1966 war in Bonn in den damaligen städtischen Kunstsammlungen die Ausstellung der drei, zwischen 1928 und 1931 geborenen Künstler eröffnet worden. ZERO wollte nach den Erfahrungen des Krieges und des Inflationären der abstrakt expressiven Kunst ganz von vorne anfangen, buchstäblich bei null. Kein Gegenstand, keine (Bunt-)Farbe, stattdessen die leere Fläche, Licht und dessen Reflexion, etwa mittels Raster. Und die ZERO-Künstler bevorzugten neue, aus der Industrie stammende Materialien und entwickelten mit ihnen neue Bildformen. Sie schufen begehbare dunkle Räume, in denen Lichtpunkte über die Wände glitten und sich Objekte um die eigene Achse drehten. ZERO proklamierte eine positive Utopie, auch in Texten und Aktionen. Die formale Reduktion ging mit konkreten gesellschaftlichen Überlegungen einher, etwa der Urbanisierung des Weltraums, ausgehend vom Fortschritt in der Raumfahrt. Als „Logo“ wählte die ZERO-Gruppe die Darstellung einer senkrecht aufsteigenden Rakete.
Gegründet Ende der 1950er Jahre von Heinz Mack und Otto Piene in Düsseldorf, verstand sich ZERO als offene Ausstellungsgemeinschaft mit internationalem Netzwerk. Der Plan ging erst recht mit Günther Uecker als weiterem Akteur auf, die Künstler wurden schon bald zu Ausstellungen nach Amerika und schließlich zur documenta 1964 eingeladen, wo sie gemeinsam einen Lichtraum einrichteten. Als 1966 die Ausstellung in Bonn stattfand, befand sich die ZERO-Bewegung also auf ihrem Höhepunkt. Und die drei Künstler gaben ihr Bestes – dazu reichte eine Rauminstallation von jedem. Mack zeigte „Zwischen Himmel und Erde“, Piene führte seine wirklich aufregende, von Sound begleitete Installation „Hommage à New York“ auf und Günther Uecker trug mit einer „Lichtplantage“ bei. Aber nicht nur in den Werken liegt die Bedeutung dieser Ausstellung, sondern auch darin, dass die Künstler auf ihr die Auflösung der Gruppe verkündeten. „1966 fand ZERO ein positives Ende. Über tausend Menschen haben es in einer Nacht gefeiert“, hat Mack später dazu geschrieben. „Ich selbst hatte mir dieses Ende gewünscht: ein Ende, das ich ebenso befreiend fand wie den Anfang von ZERO.“ Fortan gingen Mack, Piene und Uecker eigene Wege, um dann, wenn sie eingeladen wurden, doch wieder gemeinsam oder mit weiteren Künstlern auszustellen – bis heute. Wie aufregend, originell und rückblickend vielleicht naiv ZERO zu Lebzeiten war, kann man jetzt in Bonn wieder sehen.
„Zero ist gut für Dich“ | bis 26.3. | LVR-LandesMuseum Bonn | 0228 207 03 51
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Wiederentdeckt
Werke von Amerikas erster schwarzer Klassikerin in Essen – Klassik an der Ruhr 04/24
Orchester der Stardirigenten
London Symphony Orchestra in Köln und Düsseldorf – Klassik am Rhein 04/24
Blickwechsel in der Musikgeschichte
Drei Spezialisten der Alten Musik in der Kölner Philharmonie – Klassik am Rhein 03/24
Wieder im Aufwind
Die Wuppertaler Kurrende feiert ihren 100. Geburtstag – Porträt 03/24
Spiel mit den Elementen
Alexej Gerassimez & Friends im Konzerthaus Dortmund – Klassik an der Ruhr 03/24
Temperamentvoller Sonntag
Bosy Matinée mit Asya Fateyeva und Gemma New in Bochum – Klassik an der Ruhr 02/24
Hellwaches Monheim
Das Rheinstädtchen punktet mit aktueller Kultur – Klassik am Rhein 02/24
Deutscher Michel und Dreikaiserjahr
Das Junge Orchester NRW spielt Anton Bruckners 8. Sinfonie in Wuppertal – Musik 02/24
Abenteuerliche Installation
„Die Soldaten“ in der Kölner Philharmonie – Klassik am Rhein 01/24
Keine Grenzen
Philharmonix in Dortmund und Düsseldorf – Klassik an der Ruhr 01/24
„Herrliche Resonantz“
Avi Avital in der Kölner Philharmonie – Klassik am Rhein 12/23
Mit Micky Maus am Dirigierpult
Elim Chan und das Antwerp Symphony Orchestra in Dortmund – Klassik an der Ruhr 12/23
Glaube und Wissenschaft
Louisa Clement im Kunstmuseum Bonn – Kunst in NRW 04/24
Das eigene Land
„Revisions“ im Rautenstrauch-Joest-Museum Köln – Kunst in NRW 03/24
Ritt durch die Jahrhunderte
Die Neupräsentation im Kunstpalast in Düsseldorf – Kunst in NRW 02/24
Ende eines Jahrhunderts
George Minne und Léon Spilliaert in Neuss – Kunst in NRW 01/24
Puls des Lebens
Chaïm Soutine im K20 in Düsseldorf – Kunst in NRW 12/23
Ganz leicht
Christiane Löhr im Bahnhof Rolandseck – Kunst in NRW 11/23
Die stille Anwesenheit der Dinge
Cornelius Völker im Kunstpalast Düsseldorf – Kunst in NRW 10/23
Aus anderer Perspektive
Szenenwechsel der Sammlung im K21 in Düsseldorf – Kunst in NRW 09/23
Kunst und Umgebung
„Produktive Räume“ in Haus Lange Haus Esters in Krefeld – Kunst in NRW 08/23
Dialog auf Gegenseitigkeit
„yours truly,“ im Museum Schloss Morsbroich – Kunst in NRW 07/23
Malerei im Fluss
Jan Kolata in Ratingen und in Düsseldorf – Kunst in NRW 06/23
Farben des Lichts
Etel Adnan im K20 in Düsseldorf – Kunst in NRW 05/23
Kunst aus Worten und Sätzen
Jenny Holzer im K21 in Düsseldorf – Kunst in NRW 04/23