Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
25 26 27 28 29 30 31
1 2 3 4 5 6 7

12.554 Beiträge zu
3.784 Filmen im Forum

Prof. Sarah Semke, Hochschule für Musik, und Herr Naum Schnittmann, Russisches Kulturzentrum Applaus e.V.
Foto: Irma Merkel

Die Russen kommen!

02. November 2010

Der lang herbeigesehnte Besuch aus Engels beeindruckte alle Beteiligten - Kulturbrücke 11/10

Die Gäste hatten eine weite Anreise nach Wuppertal. Bereits eine 16stündige Zugfahrt von Saratow nach Moskau und einen knapp zweistündigen Flug nach Deutschland hatten sie hinter sich gebracht, bevor die zehn Frauen und Männer aus Engels an der Wolga von einem kleinen Begrüßungskomitee am Flughafen Düsseldorf im Empfang genommen wurden. Manches Wiedersehen konnte gefeiert werden, denn der Vorstand des Vereins „Kulturbrücke Wuppertal Engels an der Wolga“ war bereits mehrmals in der südrussischen Stadt zu Besuch gewesen und hatte dort viele freundschaftliche Beziehungen geknüpft. Am Montag begann dann sofort das sehr komprimierte Besuchsprogramm. Die Gastgeber aus Wuppertal hatten zunächst mit zehn Besuchstagen gerechnet, es konnte letztlich nur für fünf Tage geplant werden.

Bei dem Besuch imponierte besonders die Übersetzungsleistung einer Schülerin aus Wuppertal, die herkunftsbedingt fließend Deutsch und Russisch sprach

Am ersten Tag stand der Besuch des Ganztagsgymnasiums-Johannes-Rau auf der Agenda. Eine Oberschule aus Engels ist sehr an einer Schulpartnerschaft interessiert. Auch der Schulleiter aus Wuppertal, Werner Schlesinger, begeistert sich für eine intensive Zusammenarbeit. Wenn demnächst wieder eine Gruppe interessierter Bürger nach Engels fährt, möchte er gern dabei sein und mehr über das russische Schulsystem und die Partnerschule in Engels erfahren. Bislang kann das Ganztagsgymnasium-Johannes-Rau auf einen sehr fruchtbaren Schüleraustausch mit Oberschulen in Genua/Italien und Monts/Frankreich verweisen. Ein Partner aus Russland würde dieses Angebot weiter internationalisieren. Bei dem Besuch der Delegation aus Engels imponierte besonders die Übersetzungsleistung einer Schülerin aus Wuppertal, die herkunftsbedingt fließend Deutsch und Russisch sprach. Natürlich besuchte man auch die Gesamtschule Langerfeld, zu der schon länger Beziehungen bestehen. Besonders staunten allerdings die Gäste aus Osteuropa bei der Visite des Berufskollegs Barmen – Europaschule. Bereits der Namen der ausbildungsbegleitenden Schule deutet auf eine internationale Ausrichtung hin. In Barmen hat man bereits partnerschaftliche Beziehungen zu Schulen in Großbritannien, Frankreich, den Niederlanden, Belgien, Norwegen, Portugal, Rumänien, Bulgarien, Estland, der Tschechischen Republik und der Ukraine. So bietet sich nun der nächste Schritt nach Osten förmlich an. Im Bereich Maschinenbau könne man sehr viel von einer deutschen Partnerschule profitieren, sagten die Gäste aus Engels. „Die fielen aus allen Wolken, was hier an Berufsschulen geboten wird“, erklärte später Vereinsvorsitzender Harald Nowoczin. Bei dem Besuch der Wuppertaler Abteilung der Hochschule für Musik Köln erlebten die Besucher eine Prüfung im Fach Mandoline. Dieses mit der deutschen Volksmusik eng verbundene Instrument wird in Deutschland selten akademisch gelehrt. Für die Gäste aus der ehemaligen wolgadeutschen Sowjetrepublik klang das Konzert aber durchaus vertraut.
Eine weitere Visite führte zur Industrie- und Handelskammer. Hugo Sattler, zuständig für den „Geschäftsbereich International“, referierte zunächst über die Struktur der IHK. Eine vergleichbare Organisation gibt es, so wurde im darauffolgenden Austausch klar, in Russland nicht. Das Land, das bis vor 20 Jahren noch eine staatsmonopolistische Wirtschaftsstruktur hatte, kennt bis heute nicht die obligatorische Interessensvertretung von mittelständischen Betrieben. Besonderes Augenmerk richteten die Besucher auf die Möglichkeit, mit der Kleineisenindustrie in Cronenberg Kontakt aufnehmen zu können.
Auch die Bergische Universität wurde besucht. Hier waren besonders die Fakultäten Maschinenbau und Soziologie angesprochen. Die Stadt Engels verfügt über große Industrieanlagen, die von dem Knowhow aus Wuppertal profitieren können. Aber auch soziale Probleme gibt es in der 200.000-Einwohner-Stadt. Lange wurden Probleme mit Drogen, mit Kriminalität und mit der hohen Rate an Aidskranken bagatellisiert. Inzwischen ist man in der Stadt an der Wolga offener und sucht nach Lösungen. Hier, so wurde in einem ersten Gespräch deutlich, könne von deutscher Seite zumindest Hilfe in Form von Informationstransfer geleistet werden. Beim Besuch im Rathaus trafen die Gäste aus Russland leider nicht Oberbürgermeister Peter Jung an, der sich gerade zur Sanierung der Stadtfinanzen mit der NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft traf. Stattdessen begrüßte Bürgermeisterin Ursula Schulz (SPD) die Delegation aus Engels. Statt der Anwesenheit des Oberbürgermeisters gab es als Geschenk für jeden Gast einen Plüschelefanten mit Namen Tuffi.
Natürlich kam auch der völkerverbindende, sprich gesellige Teil im Besuchsprogramm nicht zu kurz. Begeistert waren die Gäste aus Engels von Köln. Der Dom war wie für viele andere Touristen aus aller Welt imposant. Eindrucksvoller als der Dom allerdings, so berichtet Harald Nowoczin, war für die Reisenden die Schildergasse mit all ihren Geschäften. Am letzten Abend feierten alle Beteiligten Abschied im Historischen Zentrum. Das Engels-Haus machte dabei seinem Namen alle Ehre.

Lutz Debus

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Chantal im Märchenland

engels spezial.

Hier erscheint die Aufforderung!