Der Schneeleopard
Frankreich 2021, Laufzeit: 92 Min., FSK 0
Regie: Marie Amiguet, Vincent Munier
Darsteller: Sylvain Tesson, Vincent Munier
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Beeindruckend wahrhaftige Naturdoku
Wahres Glück
„Der Schneeleopard“ von Marie Amiguet und Vincent Munier
„Für mich ein Traum, für ihn eine Verabredung“: Der französische Autor Sylvain Tesson wird von dem Wildfotografen Vincent Muniert dazu eingeladen, sich gemeinsam in Tibet auf die Suche nach einem Schneeleoparden zu begeben. Der Bestand dieser Gattung ist stark gefährdet. Gemeinsam treten die beiden Männer ihre Suche an, von der Kamera begleitet durch Steppe, Gebirge und Täler, durch Nacht, Schnee, Nebel und wärmenden Sonnenstrahl.
Der Film ist eine kleine Offenbarung. Und das nicht bloß wegen der sagenhaften Filmbilder und Fotografien von Landschaft und Tierwelt, die Muniert und seine Co-Regisseurin Marie Amiguet elegant ins Geschehen einbinden. Das Besondere hier ist der Geist: Die Reise entwickelt sich für Tesson zur spirituellen Reise, zur Läuterung, zur inneren Rückbesinnung. Zu einer kleinen Odyssee, auf der die Gefährten gemeinsam schleichen, lauern, lauschen, sinnieren, Fährten lesen, miteinander ausharren und ausdauern. Auf der Tesson Sinne und Sinnlichkeit neu entdeckt.
Fremdelt der Schriftsteller anfangs noch mit Muniers Freude am Lauern und erlebt sich selbst als unruhig und ungeduldig, gelingt es ihm zusehends, sich auf Stille und Unmittelbarkeit einzulassen. Seine Selbstreflexionen, die er sanft aus dem Off vorträgt, sind Zeugnis seines Staunens, seiner Öffnung, seiner Verwandlung, seiner Erkenntnisse. Poetisch kraftvoll fängt er seine Gedanken ein, seine Selbst- und Zivilisationskritik, sein Naturerleben, seine Bewunderung für Munier, der ebenso seine Haltung, seine Grundsätze und seine Erfahrungen in die Kamera flüstert.
„In der Natur begegnest du dir selbst – dort kannst du niemandem etwas vormachen.“ Munier philosophiert über das Lauern, verdammt den Zweifel, schwärmt von der Kunst des Tarnens: Er hat schon einmal einen Schneeleoparden fotografiert, ohne es zu merken. Ohnehin wird hier schon bald deutlich, wer hier in Wahrheit wen belauert. Euphorie und Demut gehen hier Hand in Hand. Anders als in klassischen Naturdokus wird hier weniger fachwissenschaftlich erklärt als vielmehr erzählt und erfahren. Die spontane, lyrische, emotionale Kommentierung des Erlebten macht den Film selbst zum Erleben, zu einem universalen Abenteuer, zu einer geradezu greifbaren Erfahrung. Dass die Protagonisten meistens flüstern, um nicht entdeckt zu werden, trägt ganz wunderbar zum tonalen Geist des Films bei. Ebenso wie die meditativ sinnliche Filmmusik, die Warren Ellis und Nick Cave hier unaufdringlich unterlegen.
Natur ist hier weder Unterrichtsstunde noch Streichelzoo. Ein Lehrfilm jenseits aufdringlicher Didaktik, von dem wir mitnehmen, dass man wahres Glück nicht kaufen kann, sondern ihm begegnen muss. Wahres Glück ist selten geworden. Uns fremd geworden. Hier, in diesem Film, begegnet es uns.
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