
Für immer hier
Brasilien, Frankreich 2024, Laufzeit: 135 Min., FSK 6
Regie: Walter Salles
Darsteller: Fernanda Torres, Fernanda Montenegro, Selton Mello
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Drama über ein stolzes Opfer einer Willkürherrschaft
Sich nicht brechen lassen
„Für immer hier“ von Walter Salles
Es erscheint wie eine kleine Idylle: Der ehemalige Abgeordnete Rubens Paiva lebt mit seiner Frau Eunice Paiva und den fünf Kindern in einem großzügigen Haus direkt an der Promenade in Rio de Janeiro. Die Eltern kümmern sich liebevoll um ihre Kinder. In ihrem Haus wird gelacht, gegessen, getrunken. Ständig sind andere Kinder zu Besuch oder Freunde der Familie aus der künstlerischen und intellektuellen Gesellschaft der Stadt. Gestört wird die Idylle von willkürlichen Straßenkontrollen, bei der die älteste Tochter mit ihren Freunden von der Polizei drangsaliert wird. Gestört wird sie auch durch Militärfahrzeuge, die im Hintergrund durch die Straßen streifen. Auch die dubiosen Telefonanrufe und Briefumschläge, die Rubens Paiva immer wieder erreichen, künden drohendes Unheil an. Eines Tages steht eine Handvoll Männer vor der Tür und holen Rubens ab, um ihn zu befragen. Angeblich eine reine Formsache. Doch er kommt an dem Tag nicht zurück und auch nicht am folgenden. Dann stehen die Männer wieder vor der Tür und holen Eunice und die ältere Tochter ab. Im Gefängnis werden sie befragt. Eunice bleibt dort fast zwei Wochen unter den widrigsten Bedingungen. Als sie zu ihren Kindern zurückkehren kann, ist ihr Leben nicht mehr das alte. Und Rubens bleibt weiter verschwunden.
Die Zeit der chilenischen Diktatur wird filmisch häufig verhandelt, sehr prominent 1982 mit dem amerikanischen Spielfilm „Vermisst“ mit Jack Lemmon von Costa-Gavras und in dokumentarischer Form durch die Filme von Patricio Guzmán. Auch die argentinische Militärdiktatur wurde dank Marco Bechis und seines Films „Junta“ („Garage Olimpo“, 1999) filmisch aufgearbeitet. Bei der längsten Militärdiktatur Südamerikas in Brasilien von 1964 bis 1985 ist das im Kino bisher so noch nicht der Fall – und in der Wirklichkeit auch nicht.
„Desaparecidos“, die Verschwundenen – so nennt man die Menschen, die zu zehntausenden in den südamerikanischen Diktaturen der 1960er- bis 1980er-Jahre vom Militär verschleppt, gefoltert und ermordet wurden. Nichts davon haben die Militärs zugegeben, sodass die Hinterbliebenen nie wussten, was geschehen ist und ob ihre Familienmitglieder noch leben. Walter Salles widmet sich mit seinem Film der Willkür der Diktaturen, aber vor allem dem Schicksal der Hinterbliebenen. Fernanda Torres glänzt in seinem Film, der auf dem autobiografischen Buch von Rubens Paivas Sohn Marcelo Rubens Paivas basiert, als eine Frau, die sich nicht von dem Regime unterkriegen lassen will. Ebenso lässt sich auch Salles Film nicht vorgeben, wie er auszusehen hat. Die Bilder sind zunächst sonnendurchflutet und poetisch. Dann klaustrophobisch und in permanenter Anspannung. Die physische Gewalt zeigt Salles nicht, den psychologischen Druck schon. Der Film ist für drei Oscars nominiert. In Brasilien, wo die Zeit der Militärdiktatur immer noch nicht ganz aufgearbeitet ist, fand er bereits ein Millionenpublikum. Sicher auch, weil die Wahl Bolsonaros während der Arbeit am Film an die behandelte Diktatur erinnerte.
(Christian Meyer-Pröpstl)

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