Was uns verbindet
Frankreich, Belgien 2024, Laufzeit: 105 Min., FSK 6
Regie: Carine Tardieu
Darsteller: Valeria Bruni Tedeschi, Pio Marmaï, Vimala Pons
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Warmherziges, unaufgeregtes Drama
Plötzlich Familie?
„Was uns verbindet“ von Carine Tardieu
In der Wohnung von Sandra (Valeria Bruni Tedeschi) finden sich Unmengen an Büchern, aber keine menschlichen Mitbewohner. Die Mittfünfzigerin ist alleinstehend und offensichtlich zufrieden mit ihrer Unabhängigkeit, ihrem Beruf als Buchhändlerin und ihrem Freundeskreis als soziales Netz. Dann aber stellt sich ihr eine Herausforderung, die ihr Leben nachhaltig verändern könnte.
Zunächst scheint es sich nur um eine Aufgabe für einige Stunden zu handeln: Sandra soll auf den Sohn des Paares aus der Nachbarswohnung aufpassen, als die schwangere Cécile (Mélissa Barbaud) und ihr Mann Alex (Pio Marmaï) zur Entbindung ihres zweiten Kindes ins Krankenhaus müssen. Sandra hat nicht viel Erfahrung in Sachen Kinderbetreuung, kommt mit dem ca. sechsjährigen Elliot (César Botti) aber erstaunlich gut zurecht. Bei der Geburt seines Geschwisterchens gibt es Komplikationen, Cécile kommt ums Leben, und Elliot, Alex und das neugeborene Baby Lucille bleiben verwaist bzw. verwitwet zurück. In der schweren Zeit danach wird Sandras Wohnung zu Elliots Zuflucht, Sandra zum emotionalen Rettungsanker und zur wichtigen weiblichen Bezugsperson für den Jungen. Vater Alex, der damit ringt, die Rolle als Alleinerziehender auszufüllen, sieht das zunächst mit Misstrauen. Doch langsam beginnt auch er, die ältere Nachbarin immer mehr als Teil der Familie zu sehen. Bis es Sandra zu viel zu werden droht und sie für sich entscheiden muss, wo sie selbst ihre Grenzen ziehen will.
Regisseurin Carine Tardieu erzählt das als unaufgeregtes Ensemble-Drama. In der famosen Hauptdarstellerin Valeria Bruni Tedeschi hat der Film ein starkes Gravitationszentrum, koppelt Sandras Entwicklung im Zug von Céciles Tod aber stets mit den Entwicklungen der anderen Figuren. Der Schwerpunkt liegt auf der Beziehung zwischen Sandra, Alex und den beiden Kindern, aber im Lauf des Films weitet sich dieser Kreis. Nebenfiguren wie die Mutter der verstorbenen Cécile, Céciles Ex-Partner David, der der leibliche Vater von Elliot ist, und eine neue Frau in Alex‘ Leben sorgen für Reibungen und neue Impulse. In mehreren Kapiteln, zwischen denen Zeitsprünge von ein paar Monaten liegen, folgt die Handlung den schwierigen Veränderungsprozessen nach dem Todesfall und dem langsamen, von Unsicherheiten begleiteten Wachsen neuen Lebens und neuer Bindungen.
Wobei Tardieu keineswegs altbacken von der „Erlösung“ ihrer Hauptfigur Sandra aus dem Single-Dasein durchs späte Übernehmen einer Ersatzmutter-Rolle predigt. Was den Blick auf Lebensmodelle und Geschlechterrollen angeht, bleibt ihr Film bis zum Schluss vielstimmig und offen. Sandras selbstgewähltes Dasein als Kinderlose und Unverheiratete wird keineswegs als defizitär gezeichnet, ihre Hinwendung zu Elliot, Alex und Co. nicht als Korrektur dieses Lebenswegs, sondern als ergebnisoffener Prozess voller Spannungen. Wo es um Beziehungen und persönliche Grenzen geht, gibt es kein „Richtig“ oder „Falsch“. Nur individuelle Bedürfnisse, die austariert werden müssen, damit etwas Tragfähiges entstehen kann.
(Felicitas Kleiner)
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