Selten fallen bei international bekannten Musikern modischer und künstlerischer Stil so weit auseinander wie bei Gregory Porter. Der konkurrenzlos bejubelte Bariton-Sänger in der Abteilung Pop/Jazz/Gospel wirkt vom visuellen Eindruck her mit seiner ohnehin bereits mächtigen Präsenz, vor allem aber durch Sturmhaube und Ballonmütze eher wie ein Bärenjäger im eisigen Norden. Was hat es mit dieser Kopfbedeckung auf sich? Hater Ohrensausen? Eher unwahrscheinlich. „Damit werde ich überall auf der Welt erkannt“, meinte der amerikanische Jazzsänger einmal, der kürzlich sein erstes Weihnachtsalbum mit dem Titel „Christmas Wish“ heraus gebracht hat. Eine einfache Idee. Und sie funktioniert.
Warum heute jemand eine Weltkarriere macht, bestimmt seit Jahrzehnten selten der Künstler, sondern die kommerzorientierten Firmen hinter den Musikern. Und deshalb hat der ehemalige Leistungssport-Student Porter sich noch viel von seiner ureigenen Bescheidenheit bewahrt, da sind vergleichsweise Mütze und Tuch die unaufdringlichsten Accessoires im weltweiten Showgeschäft. Porter stand lange Jahre in der zweiten Reihe oder sang in intimen Clubs, das lässt sich nicht einfach wegwischen. Vielleicht wirkt der sympathische Interpret in einem Videospot zum Weihnachtsalbum deshalb wie ein Fremdkörper, ein Bärenjäger im festlich geschmückten Eigenheim mit vielen liebenden Menschen, die zum frohen Fest in jenen Kirchengemeinden Gospel anstimmen, in denen Gregory – wie zahllose andere Kollegen – musikalisch sozialisiert wurde. Kirchen, Clubs und jeglichen Background hat er seit Jahren gegen den großen Show- und Festival-Zirkus eingetauscht. Und eines bleibt unbestritten: Der Mann mit der samtig-säuselnden Stimme kann singen; er beherrscht sein Metier. Das Programm für seine aktuelle Tour bleibt geheim.
Seine Karriere verdankt er übrigens nach eigenen Angaben seiner Mutter. Sie soll ihm auf dem viel zu früh gefundenen Totenbett den wegweisenden Tipp gegeben haben: „Sing, baby, sing!“ Es darf Weihnachten werden.
Gregory Porter | Di 5.12. | Mitsubishi Electric Halle, Düsseldorf | 0211 959 82 70
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