Letztes Jahr feierte die Wuppertaler Frauenberatung ihr 40-jähriges Jubiläum. Themen wie Beziehungsgewalt, weibliche Sexualität oder Essstörungen sollten schon damals aus der Tabuecke geholt werden. Die Angebote nutzen heute Frauen aller Altersklassen. Auch beim gesellschaftlichen und kulturellen Hintergrund lässt sich keine Tendenz ausmachen. Frauenthemen betreffen alle.
Wann ist es Zeit für eine Trennung?
Ungefähr 250 Frauen kommen jährlich in die Beratungsstelle, auch, weil sie sich Beratung in punkto Trennung oder Scheidung wünschen. Dafür gibt es ganz unterschiedliche Gründe, beispielsweise, dass in der Beziehung etwas fehlt, was erst durch veränderte Lebensumstände auffällt (Auszug der Kinder, Jobwechsel, etc.) oder der Wunsch nach einem selbstbestimmten Leben. Für alle das ist Platz in der Beratung. Beinahe die Hälfte der Frauen kommen jedoch aufgrund von Partnerschaftsgewalt: 2021 ging es in 48 % aller Fälle um häusliche Gewalt. Ein Besuch bei einer Beratungsstelle kann dann der erste Schritt sein, sich wieder zu stabilisieren und das Gefühl zu erleben, nicht allein zu sein.
Ich bin nicht allein!
Bei der Beratungsstelle arbeiten ausgebildete Sozialarbeiterinnen mit unterschiedlichen Zusatzqualifikationen, die im Bedarfsfall auch weitervermitteln, an eine Traumatherapie oder Rechtsberatung, beispielsweise zum Umgangsrecht des Vaters zu den Kindern oder an eine Sucht- und Schuldenberatung, je nachdem, wie sich im persönlichen Kontakt der Bedarf darstellt. Kontakt kann jede Frau aufnehmen: während der Telefonzeiten genügt ein Anruf, ansonsten eine E-Mail. „Manchmal hilft schon ein Telefonat, um bestimmte Situationen zu klären, akute Krisen zu deeskalieren oder Ideen für weiterführende Hilfe zu erhalten. Die meisten Frauen bevorzugen jedoch ein persönliches Gespräch in der Beratungsstelle. Im ersten Gespräch geht es zunächst darum, „Raum für die Situation der Betroffenen zu schaffen und sie zu ermutigen“, beschreibt Ulrike Schmidt diese erste Kontaktaufnahme. Danach überlege man gemeinsam, was Lösungswege und nächste Schritte sein können und auf welche Bedürfnisse und Ressourcen der Ratsuchenden geachtet werden muss. Auch Gruppenangebote ergänzen das Angebot, denn der Austausch untereinander stärkt und unterstützt.
Öffentlichkeitsarbeit gegen das Stigma
Das ist aber nicht alles, worum sich die Frauenberatungsstelle kümmert: ein wichtiger Teil ist die Öffentlichkeitsarbeit durch die Website, Instagram und die Präventionsangebote für Schulklassen, auch um das Stigma aufzulösen, das Betroffenen von Partnerschaftsgewalt häufig entgegenschlägt. Mit Plakataktionen, Veranstaltungen und Angebote speziell für junge Frauen soll die Gesellschaft sensibilisiert werden: „Letztlich geht es darum, unsere Wahrnehmung zu schärfen für jegliche Form von Diskriminierung, Ausgrenzung und Gewalt und sich auf die Seite der Betroffenen zu stellen. Es ist enorm wichtig mehr aufeinander zu achten, Unterstützung anzubieten und sich im Zweifel fachliche Hilfe zu holen,“ stellt Ulrike Schmidt fest. Aber auch die Politik sieht sie in starker Verantwortung: „Die Politik muss sich stärker und nachhaltiger für die Rechte und Belange der Frauen einsetzen!“ Die Umsetzung der Istanbul-Konvention und Vollfinanzierung von Frauenhäusern und -beratungsstellen wären dabei die ersten notwendigen Schritte.
UND TSCHÜSS - Aktiv im Thema
zeit.de/zett/2020-06/es-ging-immer-nur-um-sie-so-setzt-du-grenzen-in-toxischen-freundschaften | Anschaulicher Beitrag über ungesunde Freundschaften.
profamilia.de/themen/sexualitaet-und-partnerschaft/trennung-und-scheidung | Der Beratungsverbund gibt Orientierung bei familiären und partnerschaftlichen Trennungen.
lisa.gerda-henkel-stiftung.de/audio_freundschaft?nav_id=6793 | Ein philosophisches Gespräch über Freundschaft im Podcast der Gerda Henkel Stiftung.
Fragen der Zeit: Wie wollen wir leben?
Schreiben Sie uns unter meinung@engels-kultur.de
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Ja zur Katastrophe
Intro 07/22 – Und Tschüss
Reif für die Trennung
Nähe und Abstand in Familie und Freundschaft
„Das Interesse an engen Freundschaften hat zugenommen“
Psychologe Wolfgang Krüger über Pflege und Ende von Freundschaften
Mehr vom Leben
Auf dem Weg zur Work-Life-Balance – Vorbild Spanien
Systemabsturz
Im Teufelskreis ungesunder Arbeit und Beziehungen – Glosse
„Das rührt sehr an Selbstkonzepten“
Psychologin Ines E. Walter über Reiz und Risiko von Auslandsaufenthalten
Experten für die eigene Geschichte
Workshops zur Migrationserfahrung in Bochum
Er-Fahren macht klug
Das „Interdisziplinäre Zentrum Machine Learning and Data Analytics“ der Uni Wuppertal
Was passiert in der Black Box?
Forschung zur digitalen Bildung an der Universität zu Köln
Konkurrenz oder Entlastung?
Das Kompetenzzentrum Humaine an der Uni Bochum erforscht Künstliche Intelligenz
Die eigenen Stärken erkennen
Der Womans Business Cologne e.V.
Durch Drängen zum Flüsterton
Die Bürgertaskforce A 46 bündelt den Einsatz für Lärmschutz in Wuppertal
Vergessene Nachrichten
Die Initiative Nachrichtenaufklärung in Köln
Kein Arbeitskampf ohne Körper
Das Fritz-Hüser-Institut in Dortmund erforscht Literatur der Arbeitswelt
Blühendes Forschungsfeld
Der Elberfelder Friedensgarten erkundet Verständigung auf Mikroebene
In höchster Not
Der Kölner Verein Blau-Gelbes Kreuz organisiert Hilfe für die Ukraine
Der Krieg und das Klima
Das Bochumer Klimaschutzbündnis fordert transparente und engagierte Klimapolitik vor Ort
Neues Berufsbild für Flüchtlinge
Die Wuppertaler SprInt eG fördert kultursensibles Dolmetschen
Kunstraub in der NS-Zeit
Forschungsprojekt am Museum für Angewandte Kunst Köln
Erinnerungskultur vor Ort
Stadtführung „colonialtracks“ über Essens Kolonialgeschichte
Angst-Räume beseitigen
Die Wuppertaler Stabsstelle für Gleichstellung und Antidiskriminierung
Ein Tabu zu viel
Paula e.V. Köln berät Frauen ab 60 Jahren, die Opfer sexualisierter Gewalt geworden sind.
Gendern rettet Leben
Neue Professur für geschlechtersensible Medizin an der Bielefelder Universität
Schöne Technik, sichere Daten
Zu Besuch beim Chaos Computer Club Cologne