engels: Herr Kleine, Kreuz und Queer, passt das zusammen?
Werner Kleine: Queer bedeutet ja ursprünglich, dass von der Norm abgewichen wird. Hier stellt sich für mich zunächst die Frage, wer Normen festlegt. Ich bin Vater von zwei Kindern mit Down-Syndrom, die meine Frau und ich adoptiert haben. Diese Kinder entsprechen keiner Norm. Sie sind queer. Deshalb gehört mein Herz per se schon den Sonderlingen.
Die Katholische Kirche hat es aber nicht leicht mit Homosexualität?
Die Äußerungen der Kirchenführer entbehren ja nicht einer gewissen Dialektik. Einerseits bedürfen die Homosexuellen als Menschen der Seelsorge. Andererseits wird Homosexualität als Sünde gebrandmarkt. Ich glaube, dass sich die Kirche damit keinen Gefallen tut.
Was ist Sünde?
Sünde kommt von absondern. Etwas trennt mich von den anderen Menschen und von Gott. Aber Christus ist für unsere Sünden gestorben. Er starb wie ein Schwerverbrecher, obwohl er als Sohn Gottes überhaupt nicht sündigen konnte. Dieser Tod sagt uns: Nichts kann uns trennen von der Liebe Gottes. Auch keine Sünde.
Also dürfen zwei Bräute vor den Altar?
Da bin ich doch sehr katholisch. Die Ehe ist zwar nicht nur, aber eben auch auf die Zeugung von Nachkommenschaft bestimmt. Dies verunmöglicht eine Eheschließung gleichgeschlechtlicher Paare.
Gibt es auch ein dialektisches Verhältnis zwischen der Homophobie und Homophilie der Katholischen Kirche?
Viele Kirchenvertreter haben allgemein ein Problem mit Sexualität. Der Zölibat ist sicher nicht ursächlich für die nun bekannt gewordenen Missbrauchsfälle verantwortlich. Aber ich reibe mich an dem Zölibat. In der Bibel ist eine grundsätzliche Leibfreundlichkeit zu erkennen.
Wie sieht die Kirche in zehn Jahren aus?
Im Gottesdienst erlebe ich einen gefühlten Altersdurchschnitt der Besucher von 65 Jahren. Man muss kein Prophet sein, um zu wissen, dass sich da in den kommenden zehn Jahren etwas ändern wird. Mich erinnert die Situation an die letzten Tage der DDR. Mit Pomp feierte sie ihr 40järiges Bestehen, vier Wochen später war sie nur noch Geschichte. 2005 feierten wir den Weltjugendtag. Wir müssen anders handeln als die DDR vor gut 20 Jahren.
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