engels: Frau von Winterfeld, wird das Thema Arbeitslosigkeit im kommenden Jahr eine noch größere Rolle spielen?
Uta von Winterfeld: Das ist angesichts der Finanzkrise wahrscheinlich. Allerdings verhindert die Angst vor Arbeitslosigkeit oft eine andere Frage. Um welche Art von Arbeit handelt es sich überhaupt? Die Krise auf dem Arbeitsmarkt eignet sich wunderbar, die Frage nach der Qualität der Arbeit nicht zu stellen. Plakativ formuliert: Arbeit verwandelt mit zunehmender Geschwindigkeit Rohstoffe in Müll – oder recyclingfähiges Material. Es gibt außerdem viele andere Arbeiten neben der Erwerbsarbeit, zum Beispiel die Versorgungsarbeit. Diese ist eine Voraussetzung dafür, dass Erwerbsarbeit überhaupt existieren kann. Von den sozialen und ökologischen Qualitäten der Arbeit, von sorgenden oder die Natur pflegenden und gestaltenden Tätigkeiten ist aber in der öffentlichen Diskussion nicht die Rede.
Der Kauf eines neuen Flachbildschirms erscheint attraktiver als ein Spaziergang mit Oma?
Der Wert der Arbeit sollte, bildlich gesprochen, weniger auf dem Marktplatz und dafür mehr im Rathaus verhandelt werden. Wir brauchen eine politische Diskussion, welche Arbeit welchen Wert für die Gesellschaft hat. Dazu muss ich das System der sozialen Sicherung ändern. Je weiter man sich von der Erwerbsarbeit entfernt, umso schlechter funktioniert die soziale Sicherung. Das ist unlogisch. Eigentlich müsste es umgekehrt sein. Stattdessen gab es in den letzten Jahren viele Einschnitte ins soziale Netz.
Wer soll weitere Sozialleistungen bezahlen?
Hier stellt sich die Frage nach dem Steuersystem. Im Moment wird der Faktor Arbeit stark besteuert, Ressourcenverbrauch und Kapital als die anderen Faktoren von Produktion werden gering besteuert. Das muss sich ändern.
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Vorwärts 2026
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