engels: Herr Dreßler, können ältere Menschen mit der Politik dieses Landes zufrieden sein?
Rudolf Dreßler: Die Identifikation sozial schwacher Menschen und somit auch vieler alter Menschen mit dem Staat hat abgenommen, verstärkt seit 1998. Gerhard Schröder hat bei den von seiner Regierung geschaffenen sozialpolitischen Gesetzen weder seine Partei noch die Bevölkerung mitgenommen. Eine Rente mit 67, die Auflösung der hälftigen Beitragszahlungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, all diese Reformen haben den Sozialstaat verändert. Die SPD hat, die aktuellen Umfrageergebnisse berücksichtigend, bundesweit 11 Millionen Wähler verloren. Dieses Faktum schreit nach einer Analyse. Da aber die jetzige Parteiführung diese Politik mit auf den Weg gebracht hat, scheut sie diese Analyse, weil sie Fehler eingestehen müsste.
Gerhard Schröder hat Sie 1998 nicht zum Sozialminister gemacht. Kränkte Sie das?
Mich kränkte, dies aus der Zeitung zu erfahren. Schröder hatte nicht das Format, mir das persönlich zu sagen. Das habe ich ihm gesagt, und dafür hat er sich bei mir entschuldigt.
Sie sind nun formell im Ruhestand. Ist nun Ruhe angesagt?
Zunächst war es mir wichtig, mich nicht mehr parteipolitisch zu betätigen. Ich habe alle Angebote, wieder einzusteigen, aus guten Gründen abgelehnt. Ich habe heute das Privileg, meine Partei nicht mehr verstehen zu müssen – unabhängig von der Frage, ob ich sie verstehe. Wenn ich manche der Arbeitsergebnisse sozialdemokratischer Regierungsarbeit der letzten zehn Jahre erklären müsste, würde mir schummerig werden.
Was machen Sie den ganzen Tag?
Meine Frau und ich haben zwei Kinder, dreizehn und sechzehn Jahre alt. Ich habe eine Menge zu tun. Ich kümmere mich um Spülmaschine, Waschmaschine, Hund, Schulpflegschaft, Edeka und Aldi. Darüber hinaus halte ich Vorträge zum Thema "Naher Osten".
Sind Sie glücklich?
Ich vermisse nichts und bin zufrieden. Es ist Gold wert, mich um meine Kinder kümmern zu können.
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