Egal, ob auf Feldern oder in Kleingärten, Unkraut vernichtende Chemikalien werden überall dort eingesetzt, wo Wildkräuter auf effiziente Art und Weise beseitigt werden sollen. Die Folgen für Mensch, Tier und Umwelt werden hierbei häufig ausgeblendet. Unser Nachbarland Frankreich geht mit gutem Beispiel voran und setzt sich für eine deutliche Reduzierung der Pestizide ein.
Schon 2011 machte Frankreich mit einem bahnbrechenden Urteil Geschichte. Der Landwirt Paul François hatte das umstrittene Herbizid „Lasso“ verwendet und atmete bei einer Kontrolle des Tanks Dämpfe des Lösungsmittels Monochlorbenzol ein. Im Anschluss litt der Bauer unter zahlreichen Beschwerden. Noch heute hat der Landwirt mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Das Produkt wurde von dem internationalen Konzern Monsanto auf den Markt gebracht. Das Unternehmen produziert Saatgut und Herbizide und geriet aufgrund der Züchtung von genmanipulierten Pflanzen immer wieder in die Schlagzeilen.
Der Franzose verklagte Monsanto und bekam Recht. Als der Konzern in Berufung ging, wurde der Anspruch des Klägers jetzt vom Berufungsgericht in Lyon erneut bestätigt. Monsanto musste François in vollem Umfang für seine angegriffene Gesundheit entschädigen, was der Konzern als unberechtigt ansah.
Die Fakten sprechen jedoch gegen eine Unbedenklichkeit des Pflanzengifts, denn das ab 1969 zugelassene und als „Lasso“ bekannte Mittel Alachlor hat eine toxische Wirkung und könnte krebserregend zu sein. Die EU-Kommission urteilte 2006, Alachlor nicht in die Liste der in der europäischen Union zugelassenen Pflanzenschutzmittel aufzunehmen.
Jetzt möchte Frankreich auch den Gebrauch des Wirkstoffs Glyphosat einschränken. Dieser steht in dem Verdacht, krebserregend zu sein. Das in vielen Baumärkten erhältliche Produkt „Roundup“ wird ebenfalls von Monsanto auf den Markt gebracht. Eingesetzt wird es beispielsweise, um Ackerflächen auf die Aussaat von Kulturpflanzen vorzubereiten. Alles, was dort sonst noch wächst, wird schnell und wirtschaftlich eliminiert. Neben Landwirten nutzen auch Privatleute die Chemikalie, um ihre Grünflächen von Unkraut zu befreien. Aktuell hat die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) den Stoff Glyphosat im März dieses Jahres als „wahrscheinlich krebserregend“ eingeschätzt. Ségolène Royal, Frankreichs Landwirtschaftsministerin, will die Abgabe des Produkts in Gartenzentren verbieten.
Auch in Deutschland haben sich die Verbraucherschutzminister bei der Bundesregierung für ein Verbot des Wirkstoffs Glyphosat eingesetzt, was verhindern soll, dass die Chemikalie weiter in Baumärkten verkauft wird. Die EU-Kommission hat die Zulassung des Pestizids nun allerdings bis Ende Juni 2016 verlängert. Umweltschützer kritisieren dies scharf. Es bleibt zu hoffen, dass Deutschland Frankreich in dieser Angelegenheit nacheifern wird.
Aktiv im Thema
www.landwirtschaftskammer.de
www.landservice.de
www.solidarische-landwirtschaft.org
www.weltagrarbericht.de
www.arc2020.eu | Zivilgesellschaftliche Gruppe die neue Konzepte für EU-Agrarpolitik entwickelt
Lesen Sie weitere Artikel
zum Thema auch unter: choices.de/thema und trailer.de/thema
GEMEINWOHL – Der Neoliberalismus frisst seine Kinder?
(Thema im November)
AutorInnen, Infos, Texte, Fotos, Links, Meinungen...
gerne an meinung@engels-kultur.de
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.
Geschäftssinn oder Ohnmacht?
Tausende Landwirte müssen ihre Höfe aufgeben – THEMA 10/15 VOGELFREI
„Kleine Höfe gibt es kaum noch“
Bernhard Rüb über den Strukturwandel in der Landwirtschaft – Thema 10/15 Vogelfrei
Es stinkt
Vorsicht bei dem Einsatz von Düngemitteln ist geboten – Thema 10/15 Vogelfrei
Kampf um Kalorien
Intro – Den Bach runter
Nach dem Beton
Teil 1: Leitartikel – Warum wir bald in Seegräsern und Pilzen wohnen könnten
„Städte wie vor dem Zweiten Weltkrieg“
Teil 1: Interview – Stadtforscher Constantin Alexander über die Gestaltung von Wohngebieten
Für eine gerechte Energiewende
Teil 1: Lokale Initiativen – Das Wuppertaler Forschungsprojekt SInBa
Keine Frage der Technik
Teil 2: Leitartikel – Eingriffe ins Klimasystem werden die Erderwärmung nicht aufhalten
„Klimakrisen sind nicht wegzureden“
Teil 2: Interview – Der Ökonom Patrick Velte über die Rückabwicklung von Nachhaltigkeitsregulierungen
Von Autos befreit
Teil 2: Lokale Initiativen – Einst belächelt, heute Vorbild: Die Siedlung Stellwerk 60 in Köln
Der Ast, auf dem wir sitzen
Teil 3: Leitartikel – Naturschutz geht alle an – interessiert aber immer weniger
„Extrem wichtig, Druck auf die Politik auszuüben“
Teil 3: Interview – NABU-Biodiversitätsexperte Johann Rathke über Natur- und Klimaschutz
Unter Fledermäusen
Teil 3: Lokale Initiativen – Der Arbeitskreis Umweltschutz Bochum
Vielfalt in den Feldern
Belohnungen für mehr Biodiversität in der Landwirtschaft – Europa-Vorbild: Österreich
Was bleibt
Die Natur und wir – Glosse
Hört das Signal
Intro – Gesund und munter
Privatvergnügen
Teil 1: Leitartikel – Die Zweiklassenmedizin diskriminiert die Mehrheit der Gesellschaft
„Das Gesundheitssystem wird unter Druck geraten“
Teil 1: Interview – Arzt Bernhard Winter über den Vorwurf einer Zweiklassenmedizin
Verbunden für die Gesundheit
Teil 1: Lokale Initiativen – Wuppertals Selbsthilfe-Kontaktstelle unterstützt Bürgerengagement
So ein Pech
Teil 2: Leitartikel – Opfer von Behandlungsfehlern werden alleine gelassen
„Der Arzt muss dieses Vertrauen würdigen“
Teil 2: Interview – Kommunikationswissenschaftlerin Annegret Hannawa über die Beziehung zwischen Arzt und Patient
Gesundheit ist Patientensache
Teil 2: Lokale Initiativen – Die Patientenbeteiligung NRW in Köln
Heimat statt Pflegeheim
Teil 3: Leitartikel – Seniorengerechtes Bauen und Wohnen bleibt ein Problem
„Wo Regelmäßigkeit anfängt, sollte Nachbarschaftshilfe aufhören“
Teil 3: Interview – Architektin Ulrike Scherzer über Wohnen im Alter
Gemeinsam statt einsam
Teil 3: Lokale Initiativen – Wohnen für Senior:innen bei der Baugenossenschaft Bochum