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Glück gehört dazu – im Spiel wie im Leben
Foto: Alinsa / Adobe Stock

Das Spiel mit der Metapher

31. Oktober 2024

Teil 1: Leitartikel – Was uns Brettspiele übers Leben verraten

Es ist nicht schwer, sich Hunde beim Pokerspielen vorzustellen (wie die Kunstgeschichte uns lehrt). Schwerer wird es, sich vorzustellen, dass der Pitbull weiß, dass er gegen vier Asse keine Chance hat. Es leuchtet im Groben wohl ein, dass das hündische Toben, das äffische Rangeln oder das pandaeske Eumeln durchaus Zeichen von Intelligenz sind und auf das Leben als Husky, Bonobo oder Internetphänomen vorbereiten. Aber diese Spieltriebe bleiben physisch. Was dem tierischen Spiel fehlt, ist die Hirnschmalzkomponente.

Den Regeln unterworfen

Um auf das menschliche Leben vorzubereiten, muss auch der Grips geschult werden. Der Mensch sei nur dort ganz Mensch, wo er spielt – sagte Schiller. Denn der Spieltrieb, der vereine das „materielle Sein“ und die „Denkkräfte“. Heute, wo wir uns weniger kompliziert und verkopft, pardon, ich meine: blumig und verspielt ausdrücken, teilen wir den menschlichen Spieltrieb in eine physische und eine regelhafte Erfahrung. Es ist menschlich, nachzudenken, und es ist insbesondere deutsch, sich Regeln zu unterwerfen. Nicht verwunderlich also, dass Brettspiele mit tendenziell komplexen Regeln in den USA „German games“ (deutsche Spiele) genannt werden – und damit kann bereits „Carcassonne“ gemeint sein. 

Sind es also Brettspiele, die uns aufs moderne Leben vorbereiten? Hätten regelmäßige Spieleabende im Verkehrsministerium und im DB-Vorstand mit ausgedehnten „Zug um Zug“-Partien (natürlich mit allen Erweiterungen, als AG will man ja expandieren) uns die aktuelle beschämende Misere des Schienenverkehrs erspart? Wächst dank der neuesten Version des Klassikers „Die Siedler von Catan“ mit dem Titel „Energien“ eine Generation von Experten in Sachen regenerativer Energien heran? Natürlich nicht.

Aha-Momente 

Spiele sind in erster Linie Regelsysteme, über die eine Metapher gestülpt wird. Verkehrsinfrastruktur, Energiepolitik oder das Leben auf dem Lande („Dorfromantik“, Spiel des Jahres 2023) sind viel zu komplexe Systeme, als dass ein Spiel sie abbilden könnte. Treffende Metaphern bereichern das Spielerlebnis und sie können, gerade bei jüngeren Spielern, zu dem ein oder anderen Aha-Moment führen. Dass man, wie bei „Catan“ zum Bau einer Straße Lehm(-Ziegel) und Holz braucht, leuchtet vielleicht noch ein. Aber um sich plausibel zu erklären, warum der Bau einer Siedlung daneben auch Getreide und Wolle erfordert, das regt die Fantasie an (was ja auch nicht verkehrt ist).

Spiele, so komplex sie auch sind, sind Abstraktionen. Computerspiele wie „Civilization“ oder „Hearts of Iron“ sehen zwar aus wie Brettspiele, verwalten aber tausende Parameter mehr. Und auch sie kommen nicht an die Realität heran.

Fürs Leben gelernt

Manchmal ist es die Spielmechanik, die fesselt, manchmal die Metapher. Manchmal steht das eine dem Erfolg im Weg, manchmal beflügelt es ihn. Ein Spiel wie „Der Pott“ bleibt vielleicht ein regionales Phänomen oder es macht das Ruhrgebiet für den Rest der Welt interessant. Aber welches Bild trägt es damit hinaus? Auf der Verpackung sind – natürlich – Bergleute zu sehen. Eine Ereigniskarte sagt: „Dein Auto ist in der Tuningwerkstatt.“ Eine Spiel-Metapher bedient sich, damit sie verständlich ist, immer an Klischees. Immerhin: Es geht nicht nur darum, ein Ruhrbaron zu werden, hier wird Strukturwandel gespielt.

Apropos Ruhrbaron: „Monopoly“ wurde ursprünglich als antikapitalistisches Spiel entwickelt. Die Umkehrung der Metapher brachte dem Spiel erst den kommerziellen Erfolg. Und das lehrt uns auch wieder einiges über das Leben.

Marek Firlej

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