engels: Herr Stergiopoulos, wie geht es den Wuppertalern griechischer Herkunft?
Iannis Stergiopoulos: Natürlich sind alle besorgt, wenn sie sehen, was gerade in der alten Heimat geschieht. Es gibt in Griechenland Menschen, die mit 300 Euro über die Runden kommen müssen. Dabei sind die Preise dort etwa 20 bis 30 Prozent höher als hier.
Was fühlen Sie, wenn Sie in den Zeitungen hier von den „faulen Griechen“ lesen?
Das ärgert mich natürlich. Ich kenne sehr viele Menschen in Griechenland, die arbeiten sehr hart, um ihre Familien zu ernähren. Ich kenne Leute, die gehen täglich zur Arbeit, haben von ihrer Firma aber seit drei Monaten kein Gehalt mehr bekommen. Die Löhne sinken drastisch, viele Menschen werden arbeitslos, und es werden neue Steuern erhoben.
Woran liegt es, dass die Griechen in den deutschen Medien oft so verzerrt dargestellt werden?
Die Schlagzeile macht ja in den Medien die Nachricht. Wenn man weiterliest, wird ja nicht die Unwahrheit berichtet. Aber die Leute behalten nur die Überschriften im Kopf.
Erfahren die Griechen in Wuppertal in Folge der Euro-Krise mehr Diskriminierung?
Klar gibt es mal ein Scherzchen. Aber es gibt viel mehr Leute, die sich besorgt nach meiner Verwandtschaft erkundigen. Die Menschen in Wuppertal erleben ja auch am eigenen Leib, was Sparen bedeutet. Ich bin in der Kommunalpolitik engagiert. Wir sparen hier, so viel wir können, und versuchen auch, das sozial ausgewogen zu gestalten.
Sind denn die Situationen vergleichbar?
Kaum. Man lässt Griechenland ja gar keine Zeit für Reformen. Was seit 30 Jahren schief gelaufen ist, kann nicht in wenigen Monaten repariert werden. In Griechenland bleibt dabei die soziale Gerechtigkeit auf der Strecke. Wenn der Bürger nicht spürt, dass die Belastungen gerecht verteilt werden, sind Sparprogramme schwer vermittelbar. Die Elite in Griechenland tritt im Moment überhaupt nicht in Erscheinung.
Also ist die Ursache der Krise in Griechenland zu suchen?
Das sehe ich nicht so. Deutschland ist der größte Profiteur des Euros. MAN und Siemens stehen im Verdacht, geschmiert zu haben, um den Export anzukurbeln. Griechenland kaufte massiv Rüstungsgüter wie U-Boote und Panzer in Deutschland und auch andere Güter des täglichen Gebrauchs.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.

Euro oder Wupper-Taler?
Die Krise der Gemeinschaftswährung hat auch etwas mit uns zu tun – THEMA 11/11 DER EURO
„Es wird am Euro gezündelt“
Sven Giegold über die Währungskrise in Europa – Thema 11/11 Der Euro
Vom dicken Hals der deutschen Griechen
Der Wuppertaler Architekt Lazaros Amperidis versteht seine alte Heimat nicht – Thema 11/11 Der Euro
Argumente statt Polemik
Günter Leußler aus Mülheim engagiert sich in der deutsch-griechischen Gesellschaft – Thema 11/11 Der Euro
Kli Kla Klacks
Intro – Genug für alle
Die Mär vom Kostenhammer
Teil 1: Leitartikel – Das Rentensystem wackelt, weil sich ganze Gruppen der solidarischen Vorsorge entziehen
„Die gesetzliche Rente wird von interessierter Seite schlechtgeredet“
Teil 1: Interview – VdK-Präsidentin Verena Bentele über eine Stärkung des Rentensystems
Der Kitt einer Gesellschaft
Teil 1: Lokale Initiativen – Der Landesverband des Paritätischen in Wuppertal
Gerechtigkeit wäre machbar
Teil 2: Leitartikel – Die Kluft zwischen Arm und Reich ließe sich leicht verringern – wenn die Politik wollte
„Je größer das Vermögen, desto geringer der Steuersatz“
Teil 2: Interview – Finanzwende-Referent Lukas Ott über Erbschaftssteuer und Vermögensungleichheit
Gegen die Vermüllung der Stadt
Teil 2: Lokale Initiativen – Umweltschutz-Initiative drängt auf Umsetzung der Einweg-Verpackungssteuer
Gleiches Recht für alle!
Teil 3: Leitartikel – Aufruhr von oben im Sozialstaat
„Eine neue Ungleichheitsachse“
Teil 3: Interview – Soziologe Martin Heidenreich über Ungleichheit in Deutschland
Klassenkampf im Quartier
Teil 3: Lokale Initiativen – Bochums Stadtteilgewerkschaft Solidarisch in Stahlhausen
Der Staat will zuhören
Wandel im niederländischen Sozialsystem – Europa-Vorbild: Niederlande
Armutszeugnis im Reichtum …
… und alternative Fakten im Wirtschaftssystem – Glosse
Konflikt-Kanzler
Intro – Friedenswissen
Unser höchstes Gut
Teil 1: Leitartikel – Von Kindheit an: besser friedensfähig als kriegstüchtig
„Das ist viel kollektives Erbe, das unfriedlich ist“
Teil 1: Interview – Johanniter-Integrationsberaterin Jana Goldberg über Erziehung zum Frieden
Platz für mehrere Wirklichkeiten
Teil 1: Lokale Initiativen – Kamera und Konflikt: Friedensarbeit im Medienprojekt Wuppertal
Herren des Krieges
Teil 2: Leitartikel – Warum Frieden eine Nebensache ist
„Besser fragen: Welche Defensivwaffen brauchen wir?“
Teil 2: Interview – Philosoph Olaf L. Müller über defensive Aufrüstung und gewaltfreien Widerstand
Politische Körper
Teil 2: Lokale Initiativen – Das Kölner Friedensbildungswerk setzt auf Ganzheitlichkeit
Streiken statt schießen
Teil 3: Leitartikel – Das im Kalten Krieg entwickelte Konzept der Sozialen Verteidigung ist aktueller denn je.
„Als könne man sich nur mit Waffen erfolgreich verteidigen“
Teil 3: Interview – Der Ko-Vorsitzende des Bundes für Soziale Verteidigung über waffenlosen Widerstand