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Energiewende ganz nah
Foto: Fabian / Adobe Stock

E-Autos auf Kohlestrom

27. Oktober 2021

Der stockende Ausbau der Windenergie konterkariert die Energie- und Verkehrswende – Teil 2: Leitartikel

Anfang September, kurz vor der Bundestagswahl, verkündete der dänische Windanlagenhersteller Vestas, dass er sein Werk mit 460 Mitarbeitern im südbrandenburgischen Lauchhammer zum Jahresende schließen werde. Weitere Werksschließungen kündigte das Unternehmen im spanischen Viveiro mit 115 Beschäftigten und in Esbjerg in Dänemark mit 75 Mitarbeitern an. Für die Lausitz, die mit dem zukünftigen Abschied vom Braunkohleabbau vor einem umfassenden Strukturwandel steht, ist das eine bittere Pille. Seit 2002 hatte Vestas in Lauchhammer Rotorblätter gefertigt; bereits vor zwei Jahren waren 500 Mitarbeiter entlassen worden. Künftig wolle sich der Konzern auf den Bau von Windanlagen für die hohe See — sogenannten Offshore-Windparks — konzentrieren, allerdings nicht in Deutschland.

Versagen der Energiewende-Gegner

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) machte in CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet, dem bayrischen Ministerpräsidenten Markus Söder sowie in Jens Koeppen, dem Brandenburger Unions-Spitzenkandidaten, die Schuldigen an der Misere aus. „Alle drei haben sich immer wieder für Abstandsregeln für die Windenergie ausgesprochen und sich geweigert, Hürden für den Windausbau zu beseitigen“, hieß es in einer Stellungnahme der DUH. „Hier offenbart sich das ganze wirtschaftspolitische Versagen der Gegner der Energiewende in der Union“, sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner.

Damit ist die Union nicht nur für das Ausbremsen der Windkraft in Deutschland verantwortlich — Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier hatte auf einer Abstandsregel von 1.000 Metern zur nächsten Siedlung mit fünf Wohnhäusern bestanden. Nein, Altmaier und die Union sabotieren damit auch aktiv den bitter nötigen industriellen Strukturwandel in der Lausitz. Bereits während der Diskussion um die Abstandsregel hatte die Windenergie-Branche gewarnt, dass sich die Krise der Windkraft an Land verschärft, weil Flächen für Windräder wegfallen.

Erstaunlich ist, dass Industriepolitik eigentlich Herzensangelegenheit und dem Selbstbild nach eine Kernkompetenz der Union sein soll. Unter Berücksichtigung der Entscheidungen von Regierungen unter Führung oder mit Beteiligung der Unionsparteien scheinen aber besonders Großkonzerne von dieser „Kernkompetenz“ zu profitieren, und hier vor allem aus dem Energiesektor. So soll der Energiekonzern RWE nach dem Willen des 2020 verabschiedeten Kohlekompromisses, der maßgeblich von NRW-Ministerpräsident und Unionsparteivorsitzenden Laschet mitverhandelt wurde, bis 2038 den schmutzigsten Energieträger Braunkohle weiter abbaggern und verstromen dürfen. Während die schwarz-rote Bundesregierung in der vergangenen Legislaturperiode um jeden Arbeitsplatz in der Kohle kämpfte, nahm sie den Verlust von Jobs bei den erneuerbaren Energien achselzuckend hin.

Nicht jeder Jobverlust zählt

Einen Funken Hoffnung machte den Beschäftigten des dänischen Windanlagenherstellers Vestas dann aber noch Jochem Freyer, Chef der Agentur für Arbeit in Frankfurt an der Oder. Zum Teil könnten die Beschäftigten auch in Grünheide anfangen, wo Tesla eine große E-Auto-Fertigung aus dem Boden stampft. Die Bundesregierung subventioniert das Tesla-Batteriezellwerk übrigens mit 1,14 Milliarden Euro. Dort sollen die Batterien für die in der benachbarten Tesla-Megafactory angepeilte Produktion von 500.000 Fahrzeugen des Modell Y gefertigt werden. Die werden dann — stand heute! — bis 2038 auf Braunkohlestrom fahren. Na, wenn das kein industrie- und umweltpolitischer Coup der Extraklasse fürs Klima ist.


GRÜNE ENERGIE 2030 - Aktiv im Thema

buendnis-buergerenergie.de | Im Bündnis Bürgerenergie versammeln sich regionale Akteure für eine grüne Energieversorgung.
robinwood.de | Die Gewaltfreie Aktionsgemeinschaft Robin Wood kämpft für ökologische und soziale Gerechtigkeit.
germanwatch.org/de/investitionen-energiewende | Forschungsprojekt von Germanwatch zu Chancen und Problemen der Energiewende.

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Bernhard Krebs

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