Jüdische Komponistinnen und Komponisten wie Pavel Haas, Maria Herz und Hans Krása wurden in den 1930ern verfemt und verfolgt, ihre Werke verboten. Alles was unter dem Sammelbegriff „undeutscher“ Musik firmierte sollte ungehört bleiben, ein kultureller Kahlschlag analog zur Verbrennung sogenannter entarteter bildender Kunst. Das Projekt „EchoSpore“ der Hochschule für Musik und Tanz Köln gilt der Wiederentdeckung von Werken verfemter, entrechteter, verfolgter, ins Exil gezwungener, ghettoisierter, ins Lager gesperrter und ermordeter Komponisten und will sie zurück in die Konzertsäle holen. EchoSpore ist auch eine Internet-Plattform, auf der Audio- und Videodateien, biografisch-historische Texte und Quellen, Links zu Partituren und Aufführungen eingestellt werden.
Im Oktober wird die Kammeroper „Gestohlenes Leben“ des kürzlich verstorbenen zeitgenössischen Komponisten Helmut Bieler an fünf Orten in Nordrhein-Westfalen zu hören sein. Sie entstand als Auftragswerk des Pfalztheaters Kaiserslautern und erzählt die fiktive Geschichte von Leopold Stein, der als junger Mann in das jüdische Mädchen Greta verliebt war, aber nicht den Mut aufbrachte, mit ihr zu fliehen, bevor im Oktober 1940 die Gauleiter Robert Wagner und Joseph Bürckel rund 6.500 Männer, Frauen und Kinder aus der Pfalz, Baden und dem Saarland in das am Fuße der Pyrenäen im unbesetzten Frankreich gelegene Lager Gurs deportieren ließen, darunter Greta, die umkommt. Über zwanzig Jahren danach wird Leopold durch eine Radiosendung mit seiner Vergangenheit konfrontiert.
Das Libretto der Kammeroper, die 2010 ihre Uraufführung hatte, stammt von Susanne Bieler, der Tochter des Komponisten. Studierende des Fachbereichs Gesang und der Instrumentalklassen der Hochschule für Musik und Tanz Köln führen die Kammeroper erneut auf. Das szenische Arrangement liegt dabei in den Händen des Wuppertaler Schauspielintendanten Thomas Braus, die musikalische Leitung hat Professor Werner Dickel, einst langjähriges Mitglied des Ensemble Modern. Die oft kostenlosen Aufführungen werden ergänzt durch Lieder von Ernst Bachrich und Felix Wolfes.
„Gestohlenes Leben“ | Di 8.10. 19.30 Uhr | Konzertsaal Standort Wuppertal, HfMT Köln | Eintritt frei
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.
Rechte einer Frau
„Thumbprint“ in der Oper Wuppertal
Die Suche nach der Seele
„Rusalka“ in Düsseldorf – Oper in NRW 06/25
Die Macht der Vergebung
„American Mother“ am Theater Hagen – Oper in NRW 05/25
Gegen Genderklischees
Eine Operetten-Wiederentdeckung in Köln – Oper in NRW 05/25
Entgegen der Erwartung
4.stARTfestival der Bayer AG in Leverkusen – Festival 04/25
Mahnung gegen das Vergessen
„Die Passagierin“ am Theater Krefeld – Oper in NRW 04/25
Hauptsache: ein gutes Geschäft
„Die Dreigroschenoper“ an der Oper Bonn – Oper in NRW 04/25
Opernstar zum Anfassen
„Festival Joyce DiDonato & Friends“ in Dortmund – Klassik an der Ruhr 03/25
Der unmögliche Traum
„Der Mann von La Mancha“ am Gelsenkirchener MiR – Oper in NRW 03/25
„In der Welt der Kunst geht es darum, gesehen zu werden“
Regisseur Nicolas Charaux über „Mephisto“ am Wuppertaler Opernhaus – Premiere 03/25
„Kurzweilige Werke aus Oper und Operette“
Leiter Thorsten Pech über das Konzert zum 75. Geburtstag des Konzertchors Wuppertal – Interview 03/25
Figur ohne Bewusstsein
„Don Giovanni“ an der Kölner Oper – Oper in NRW 03/25
„Eine Welt, die aus den Fugen ist“
Kulturamtsleiter Benjamin Reissenberger über das Festival Shakespeare Inside Out in Neuss – Premiere 07/25
Wütende Stimme der Vielen
Deutsche Erstaufführung der Kammeroper „Thumbprint“ im Opernhaus – Bühne 06/24
Freigeist ohne Ausweg
Wolfgang Amadeus Mozarts „Don Giovanni“ im Opernhaus – Bühne 06/25
„Das passiert natürlich auch ganz nah“
Regisseurin Katharina Kastening über „Thumbprint“ am Opernhaus – Premiere 06/25
Wieder Mensch sein dürfen
„Das Tagebuch der Anne Frank“ im Leverkusener Erholungshaus – Bühne 05/25
Morgenröte hinter KI-Clouds
Das Impulse Festival 2025 in Mülheim, Köln und Düsseldorf – Prolog 05/25
An jedem zweiten Tag was los
Der Bürgerbahnhof Vohwinkel – Porträt 05/25
„Abschnitte, die im Nichts versanden“
Regisseur Joachim Gottfried Goller über „Die kahle Sängerin“ am Theater am Engelsgarten – Premiere 05/25
Charmant und nüchtern
Comedian Vladimir Andrienko im Solinger Waldmeister – Bühne 04/25
„Ein Autor der Krise“
Regisseur Stefan Maurer über „Fräulein Julie“ am Theater am Engelsgarten – Premiere 04/25
Gewinnen um jeden Preis?
„Alle spielen“ im Studio des Dortmunder Theaters – Prolog 03/25
Gnadenloses Psychodrama
Charles Gounods Oper „Faust” im Opernhaus – Bühne 03/25