Opernhäuser starten in der Regel mit Beginn neuer Spielzeiten mit Premieren; die Wuppertaler Oper hat nach der Sommerpause mit drei Wiederaufnahmen begonnen: Wolfgang Amadeus Mozarts „Don Giovanni“, die Wupperetten-Revue „Von Thalia geküsst“ sowie „Hänsel und Gretel“ von Engelbert Humperdinck. Man ließ sich Zeit bis zum Vorabend des 1. Advents, bis sich der Vorhang für die populäre komische Oper „Il barbiere di Siviglia“ von Gioachino Rossini hebt. Und Getreu dem Sprichwort „Was lange währt, wird endlich gut“ hat sich das Warten gelohnt. Denn die Inszenierung von Marie Robert bietet humorvolle Kurzweil.
Vielfältige Handlungsebenen
Das muntere Treiben findet auf einer neutral gehaltenen, von Maira Bieler entworfenen Bühne statt. Es sind weiße, bewegliche Bausteine, die eine Stadt, einen Balkon oder das Innere des Hauses mit einem stilisierten Klavier von Bartolo symbolisieren. Das Hoch- und Herunterfahren dieser Szenerien tut ihr Übriges für vielfältige Handlungsebenen auf denen es erfrischend komisch, durchsetzt mit etlichen Slapstick-Einlagen zugeht. Die Kostüme von Petra Korink stellen die Charaktere der Personen überdeutlich dar. Dabei glänzen sie mit Spielfreude und -witz. Immer ist etwas los. Lebhaft geht es zur Sache.
Überzeugendes Ensemble
Bartolo kommt als eifersüchtiger Tattergreis daher, bei dem es aber dann hellwach im Oberstübchen zugeht, wenn es versucht, komme was wolle, mit Rosina in den Hafen der Ehe einzulaufen. Er versinkt aber ganz in seinem steifen Mantel, wenn etwa Unheil droht. Diese Rolle verkörpert Oliver Weidinger glänzend und besticht mit einem ausdrucksstarken Bassbariton. Figaro ist der Strippenzieher schlechthin, der alles im Griff hat und mit einer gesunden Portion Schalk im Nacken dafür sorgt, dass sich zu guter Letzt Almaviva und Rosina vermählt glücklich in den Armen liegen. Ihn stellt Zachary Wilson dar, wobei sich sein dynamischer und variabler Bariton bestens dazu einfügt. Auch Edith Grossmans agiler, selbst in den höchsten Tongefilden unverkrampfter Mezzosopran, passt wie die Faust aufs Auge zu Rosina, die sie sehr lebendig in Szene setzt. Graf Almaviva ist Charles Sy, der zwar als etwas indisponiert angekündigt wird, trotzdem mit einem in allen Gesangslagen klaren und ausgewogenen Tenor überzeugt. Auch Agostino Subacchi alias Basilio, Xia Wang als Berta und Javier Horacio Zapata Vera in der Rolle des Fiorillo stehen ihnen schauspielerisch und stimmlich in nichts nach. Hinzu gesellen sich die von Ulrich Zippelius vorzüglich einstudierten Herren des Opernchors der Wuppertaler Bühnen mit strahlenden Stimmen.
Nuancierte Klänge
Dazu kommen vom Sinfonieorchester Wuppertal nuancierte, ausgewogene Klänge. Dabei achtet Yorgos Ziavaras, seit Beginn dieser Saison erster Kapellmeister des Hauses, mit seinem umsichtigen wie präzisen und mitatmenden Dirigat auf sängerfreundliche Tempi und Dynamiken. So können die Gesangssolisten und der Chor ihre Partien selbst bei sehr heiklen Stellen, unverkrampft gestalten.
Das Publikum ist zu Recht von dieser unterhaltsamen Premiere begeistert, spendet frenetischen Beifall, der in stehende Ovationen mündet.
Il Barbiere de Seviglia | 5.,13.12., 11.1., 27.2., 10., 15.3., 8.5., 11.6. (Schulvorstellung) | Opernhaus Wuppertal
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.

„Das Perfide ist, dass man sich eingeladen fühlt“
Jenke Nordalm inszeniert an der Wuppertaler Oper „Das Fest“ – Premiere 09/25
„Das passiert natürlich auch ganz nah“
Regisseurin Katharina Kastening über „Thumbprint“ am Opernhaus – Premiere 06/25
Ohne Probe
Axel Fischbacher Trio im Opernhaus – Musik 05/25
„In der Welt der Kunst geht es darum, gesehen zu werden“
Regisseur Nicolas Charaux über „Mephisto“ am Wuppertaler Opernhaus – Premiere 03/25
Zeitreise mit Muse
„Von Thalia geküsst“ im Opernhaus – Auftritt 02/25
Fusion Jazz lebt
Opus Wolle im Opernhaus – Musik 01/25
Schäferwagen und Hexenhaus
„Hänsel und Gretel“ am Opernhaus Wuppertal – Auftritt 11/24
Ohne Firlefanz
Premiere von „Salome“ im Wuppertaler Opernhaus – Auftritt 10/24
Unterhaltsame Kurzweil
„Die lustigen Weiber von Windsor“ am Wuppertaler Opernhaus – Auftritt 07/24
Ethel Smyth und Arnold Schönberg verzahnt
„Erwartung / Der Wald“ im Wuppertaler Opernhaus – Auftritt 05/24
Von der Liebe enttäuscht
Premiere von Georg Friedrich Händels Oper „Alcina“ in Wuppertal – Auftritt 04/24
„Wir hoffen, dass die Geschichte neu wahrgenommen wird“
Regisseurin Julia Burbach inszeniert „Alcina“ an der Oper Wuppertal – Premiere 02/24
Praktisch plötzlich doof sein
Helge Schneider präsentiert seine neue Tour – Prolog 12/25
„Dieser Großkotz hat uns angesprochen“
Regisseurin Charlotte Arndt über „Peer Gynt“ am Theater am Engelsgarten – Premiere 12/25
So verwirrend wie das Leben
„Berlin Alexanderplatz“ am Schauspiel Köln – Prolog 11/25
Verlorene Jahre
„The Drop“ am Jungen Schauspiel in Düsseldorf – Prolog 11/25
„In erster Linie ist es ein lustiges Stück“
Marie Robert inszeniert am Opernhaus einen gekürzten „Barbier von Sevilla“ für Kinder ab sechs Jahren – Premiere 11/25
Das selbsternannte Volk
„Die Nashörner“ am Düsseldorfer Schauspielhaus – Prolog 10/25
„Man sieht den Raum, wie er ist“
Die Regisseure Charlotte Arndt und Thomas Braus über „Die Stunde in der wir nichts voneinander wussten“ am Theater am Engelsgarten – Premiere 10/25
Ein Fake für den Nobelpreis
„Der Fall McNeal“ in Düsseldorf – Prolog 08/25
„Alles auf seine Art speziell“
Leiter Holger Ehrich über das 32. Welttheater der Straße in Schwerte – Premiere 08/25
Schnöde Technik oder Magie?
„Oracle“ bei der Ruhrtriennale – Prolog 07/25
„Eine Welt, die aus den Fugen ist“
Kulturamtsleiter Benjamin Reissenberger über das Festival Shakespeare Inside Out in Neuss – Premiere 07/25
Wütende Stimme der Vielen
Deutsche Erstaufführung der Kammeroper „Thumbprint“ im Opernhaus – Bühne 06/25