Meldungen zur Schuldenkrise Griechenlands prägten bis ins Jahr 2015 die Berichterstattung hierzulande. Dann verlagerte sich die Aufmerksamkeit auf die Flüchtlinge. Die Schuldenkrise dauert indes an und die Politik gibt keinen Anlass, Lösungen zu erhoffen. In Griechenland zählen Solidarkliniken und Essenskooperativen zu den Initiativen, in denen sich die Zivilgesellschaft längst um eine bessere Zukunft bemüht – oder doch ein tägliches Auskommen. Dazu zählt auch die ehemalige Baustoff-Fabrik Viomichaniki Metalleftiki, kurz Vio.Me, in Thessaloniki. Angesichts einer absehbaren Pleite der Fabrik und des Mutterkonzerns wurde sie 2011 von ihren Besitzern aufgegeben. Die Arbeiter besetzten Vio.Me und begannen im Februar 2013 mit der Herstellung ökologischer Seife. Der Weg dahin war steinig. Und er bleibt es.
Bislang drohen erfolglose Zwangsversteigerungen, die Belegschaft aus der Fabrik zu vertreiben. Verhandlungen mit dem Arbeitsministerium, den Betrieb zu legalisieren, scheiterten. Gewerkschaften weigerten sich, diese Art des Arbeitskampfs zu unterstützen. Syriza, mittlerweile führende Regierungspartei, bekundete Sympathie für Vio.Me; eine Legalisierung ist dennoch nicht in Sicht.
Vio.Me ließ sich inspirieren von Argentinien. Dort haben von Arbeitern verwaltete Betriebe eine längere Geschichte. Die Belegschaft verstand ihr Anliegen zunehmend als eines, das die Gesellschaft betrifft, nicht nur die Fabrik. Ein landesweiter Marsch mit Belegschaften anderer Betriebe sorgte für Aufsehen. Die Wahl des Produkts erfolgte bedacht: Die Fabrik erlaubt, Seife im großen Maßstab herzustellen und zu kleinen Preisen anzubieten. So verbreitet sie sich leichter, und als ökologisches Produkt steht sie für die Achtung vor Menschen und Umwelt.
Vio.Me wird basisdemokratisch geführt. Jeder verbliebene Mitarbeiter, rund zwei Dutzend, bekommt den gleichen Lohn, orientiert am griechischen Arbeitslosengeld. Eine Ausweitung des Vertriebs ist darum ein wichtiges Anliegen. Doch für die letztlich illegale Produktion stehen nicht alle Vertriebswege offen. In Griechenland finden sich Käufer auf Märkten und in Ökoläden. Ein Onlineshop erleichtert nun den Vertrieb insbesondere ins europäische Ausland. Zudem gibt es neue ökologische Produkte wie Waschmittel und, in Anlehnung an frühere Zeiten, Bauputz.
Für einige Beobachter scheint es absehbar, dass die neuen Besitzer von Vio.Me in die Rolle ihrer früheren Vorgesetzten wechseln, zu Kapitalisten werden. Ein Sprecher von Vio.Me zeigte sich darüber enttäuscht. Die Gefahr liege vielmehr darin, dass die Arbeiterbewegung sich vereinzele und gemeinsame Ziele aus den Augen verliere, sagte er.
Andere Beobachter zeigen an derlei Weissagungen kaum Interesse. Sie betonen, dass die tiefe und dauernde Krise Griechenlands starke soziale Ideen und Kräfte hervorbringt. Was sich daraus auf lange Sicht entwickelt, wird sich zeigen
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