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Weihnachtliche Castingshow der Weißen Herzen
Foto: Stephanie Spichala

Rat und Tat – und große Bühne

18. Dezember 2018

Migrantische Castingshow der „Weiße Herzen“-Initiative in Wuppertal-Ostersbaum – Spezial 12/18

So eine Show kriegt nicht jeder: Am Platz der Republik lud jetzt das Nachbarschaftsheim zur großen Talentschau. Buntes Treiben erfüllte schon am frühen Nachmittag den Saal, wo bis zum Abend ganz Junge und etwas Ältere aus dem Viertel ihr Können zeigten. Auch wenn rund ums Haus das Mitmachen längst Tradition hat: Das Format mit Anmeldung und Jury, organisiert von der Initiative „Wuppertaler Weiße Herzen“, war eine gelungene Premiere – und zugleich Beispiel lebendiger Angebote fürs Viertel.

Viel Aufwand steckte hinter diesem Tag. Die „Weißen Herzen“ um die Verantwortlichen Stephanie Spichala und Ammar Alfahel stehen für Engagement rund um Geflüchtete: Mit diesen haben sich Ehrenamtler der Flüchtlingshilfe Nordstadt zusammen getan, um gemeinsam Hilfe zu bieten – wo sie gebraucht wird, nicht zwingend in Migrationskontexten. Neben ratsuchenden Neubürgern kann das wohl auch der junge Mann sein, der gut anpacken kann und Bedarf findet. Heute waren es also Rampensäue für einen Tag.

„Zeigen, was man drauf hat“ – die Macher hatten dieses „Event“ Schritt für Schritt entwickelt, um einen Hauch von „Superstar“ zum Ostersbaum zu bringen. Wer heute auftrat, hatte Videos eingereicht, gab an, was er konnte, und stellte sich heute einer Jury. Gestellt haben dürften die Teilnehmer sich freilich mit Spaß und Stolz selbst dann vors Publikum, wenn das „gestrenge“ Jury-Trio sie nachher nicht kürte. Dabei sein war vielleicht nicht alles, aber schon eine ganze Menge.

Das Haus selbst unterstützt den großen Auftritt: Wer sein Ding performte, tanzte oder sang, sah quer durch den gespannten Saal auf der Gegenwand übergroß sein Begleitvideo. Zu Alice Murtons Hit „No Roots“ etwa gab eine vielleicht Zwölfjährige ihre Moves zum Besten und stellte sich mühelos und scheinbar routiniert zum Vergleich. Typ alter Hase auch ein Dreijähriger: Außer Konkurrenz beantwortete der Bub auf der Bühne ohne jede Scheu die Fragen nach mancherlei Hauptstädten. Und von den Rhythmen ließ sich sogar der famose Weihnachtsmann Akram anstecken.

Thomas von der Jury meinte dann zur feierlichen Verkündung: „Am liebsten hätte ich fünf Mal erste Plätze vergeben.“ Ging natürlich nicht, und so siegte auf Platz 1 Shahm K. (9 Jahre),  Luijan S. (12) wurde Zweiter, und Sumaia H. (7) errang mit ihrem WM-Tanz den dritten Platz. Wobei das natürlich nur Teil eins war – die erwachsenen Talente würden sich nach der Pause präsentieren. Die war gern gesehen, um sich aufs Büffet zu stürzen, für das schon bewährt Jassem A. mit seinem Team von den „Weißen Herzen“ verantwortlich zeichnete. Bei den Erwachsenen errang  dann Ahmed A. mit Tanztheater den ersten Platz, Platz 2 ersang sich Raffi K., und der 3. Platz ging an die Malerei von Nour A. Nicht zu vergessen Rudi M. und Tarek A., die musikalischen Stars im Publikums-Voting.

Das Nachbarschaftsheim (heute Gastgeber, nicht Veranstalter) gibt es schon 70 Jahre, und nicht zuletzt die soziale Arbeit hat am Ostersbaum damit eine feste Adresse. Dass das Quartier anders ist als andere, zeigt der Blick zum Ölberg; an ihn mag man hier von Optik und Stimmung in den Straßen ebenso denken wie von der Bevölkerung: Quasi die nächste Erhebung gegenüber und bloß getrennt durch die Gathe, ist dieses Arme-Leute-Viertel ja längst auch Liebling einer offenen (Kultur-)Szene. Vom Ostersbaum wird man das so nicht sagen, obwohl sich Spannendes getan hat (nur kurz erwähnt sei hier „Kopp auf!“, eine Initiative rund um Nachhaltigkeit mit regelmäßigen Gesprächskreisen von Gärtnern bis Philosophie).

Auch der Beachtung von außen können Veranstaltungen sicherlich dienen. Wobei ein Nachmittag wie dieser wohl eher ins Viertel hinein wertvoll ist denn als Magnet. Die Talentshow mochte nicht so viele Externe zum Platz der Republik ziehen; sie zeigte aber einmal mehr die Möglichkeiten solch einer Einrichtung –  aus dem Viertel, für das Viertel. Und besonders das Potenzial einer rührigen Initiative wie den „Weißen Herzen“, für die der Kraftakt laut Eigenbekenntnis bislang so ziemlich das Größte war. Man glaubt es gern. Vereinte Kräfte können viel – auch große Bühne.

Martin Hagemeyer

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