Darauf warten Wuppertaler jedes Jahr: In den vier Ecken eines Kirchenschiffs nehmen Kinder der Nachwuchschöre der Wuppertaler Kurrende mit Kerzen Aufstellung und intonieren nacheinander je eine Zeile der ersten Strophe des Weihnachtslieds „Den die Hirten lobeten sehre“. Dann singt der Konzertchor die erste Strophe des anderen Weihnachtslieds „Heut sein die lieben Engelein“. Anschließend stimmen die Gäste den Refrain „Gottes Sohn ist Mensch geborn“ an. Weiter geht es mit den anderen drei Strophen. Bei diesem Wechselgesang handelt es sich um den Quempas, der seit rund 500 Jahren in der lutherischen Kirche an vielen Orten Deutschlands erschallt. In Wuppertal pflegt ihn seit Generationen die der traditionsreiche Knabenchor so wie bei seinem ersten diesjährigen Quempas-Konzert in der ausverkauften Christuskirche.
Ebenfalls ist es Usus, dass danach die Gesangsschüler für ihren ersten großen Auftritt vor dem Konzertchor Aufstellung nehmen. In diesem Jahr sind es die Weisen „Engel haben Himmelslieder angestimmt“ und „Großer Herr und starker König“ aus Johann Sebastian Bachs „Weihnachtsoratorium“, die unter der Leitung ihrer Lehrerin Caroline Huppert gesanglich zwar noch nicht hundertprozentig einwandfrei, dafür umso leidenschaftlicher aus dem Altarraum kommend in ihren Bann ziehen. Daraufhin dürfen sie bei „Ding Dong! Merrily On High“ und „Leise rieselt der Schnee“ die ausgebildeten Kurrendaner unterstützen.
Erfolgreiche Nachwuchsförderung
Bekanntlich hat der Konzertchor bis vor rund zwei Jahren an Qualität stark nachgelassen. Auch die Nachwuchsförderung ließ bis dahin viele Wünsche offen. Seit Lukas Baumann zum August 2022 das Amt angetreten hatte, hat sich daran viel geändert. Das Resultat wird zu Beginn des Konzerts deutlich. Denn vor dem Quempas präsentieren die Kurrendaner unter Baumanns umsichtigen Dirigat ein Advents- und Weihnachtsprogramm aus Liedern von der Renaissance bis zur Moderne, das für die Zukunft zuversichtlich stimmt. War bei den Quempas-Konzerten im vergangenen Jahr bereits eine Verbesserung unüberhörbar, ist das Niveau ihrer Gesänge weiter gestiegen. Gerade bei den Liedern a cappella, etwa bei Andrea Falconieris „Jul, Jul“ und „Jauchzet dem Herren“ von Heinrich Schütz, ist eine deutliche Verbesserung hinsichtlich Intonation, Homogenität und Klangbild unüberhörbar. Dank der wieder intensiven und erfolgreichen Nachwuchsarbeit werden wohl in absehbarer Zeit noch die ein und anderen Sopran- und Altstimmen den Chor bereichern.
Abwechslungsreich und ergreifend
Dieses Mal ist es das Barockmusik-Ensemble „lautten compagney Berlin“, das den Kurrendanern zur Seite steht, sie bei bekannten oder weniger geläufigen Liedern wie „Nun komm, der Heiden Heiland“ oder Zoltán Kodálys „Weihnachtstanz der Hirten“ begleitet, für ausgewogene obertonreiche Klänge sorgt und mit ihren Vor-, Zwischen- und Nachspielen manche Stücke stilsicher erweitert. Auch alleine, bei zwei Barockwerken, glänzen die Instrumentalisten mit einem nuancierten Spiel. Hinzu gesellt sich Wuppertals Kreiskantor Jens-Peter Enk der sich am Orgelpositiv und an der große Kirchenorgel routiniert integriert. Außerdem trägt Sopranistin Johanna Rosa Falkinger mit ihrer sattelfasten Stimme ergreifend „Maria durch ein Dornwald ging“ und „Ein kleines Kindelein“ vor sowie abwechselnd mit den Kurrendanern weitere Lieder.
Wie üblich dürfen die begeisterten Zuhörer, die sich zum Schluss zu Recht mit stehenden Ovationen bedankten, bei „Macht hoch die Tür“ und „O du Fröhliche“ mitsingen. Und ebenfalls ist es Tradition, dass als Zugabe das Quempas-Konzert mit „Stille Nacht“ endet.
Bekanntlich feiert in diesem Jahr die Wuppertaler Kurrende ihren 100. Geburtstag. Gastspiele führten sie sogar in den Petersdom in Rom. Große Konzerte gab es in ihrer Heimatstadt. Außerdem hat sie sich nach vielen Jahren wieder eine CD-Produktion geleistet. „Quempas“ heißt sie. Auf ihr sind große Teile des Konzertprogramms enthalten, eingespielt mit denselben Interpreten.
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