Sie wollten Menschen mit Output eine Plattform geben, als sie 2007 während ihres Kommunikationsdesign-Studiums das „Clownfisch Statementmagazin“ auf die Welt brachten. Beate Blaschczok und Christian Hampe gaben das Thema, „America“, vor und erhielten Einsendungen aus Deutschland, den Niederlanden und den USA, von Künstlern, Wissenschaftlern, Literaten, die ihr ganz individuelles Statement in Bild oder Wort abgaben. Mit Anzeigen und sehr viel Engagement wurden diese Blickwinkel auf Papier gebannt und über kostenlose Auslage in öffentlichen Räumen wie Kneipen, Theatern und Museen unter das Volk gebracht. Man wollte nicht im eigenen Zirkel verbleiben, „Clownfisch“ sollte vielmehr milieuübergreifend agieren. In den Jahren darauf erschienen Ausgaben zu den Schlagwörtern „Zerstörung“, „Schöpfung“ und „Utopia“. Blaschczok und Hampe sehen sich bei der Herausgabe dieser Gedankensammlungen selbst nicht als Redakteure, sondern als Kuratoren, die viele subjektive Blicke zusammenführen. Denn eine Vielzahl subjektiver Blicke sei oftmals objektiver als ein einziger objektiver Blick, so Hampe.
Kreativität, Vernetzung und Interaktion mit dem unmittelbaren Raum
Und es blieb nicht allein bei Gedrucktem. Dem Druck folgte die Tat. Jedes Thema wurde von einem Live-Output begleitet. Zu „Schöpfung“ fand in Wuppertal ein Jahr lang ein Rahmenprogramm statt, aus „Utopia“ entstand die Idee eines Labors, in dem Innovationen Kultur, Soziales und Wirtschaft betreffend zusammenfinden und entwickelt werden können. Die Idee materialisierte sich 2011 im Mirker Bahnhof in der Wuppertaler Nordstadt, an den die gleichen Maßstäbe angelegt wurden wie an das Statementmagazin: Kreativität, Vernetzung und Interaktion mit dem unmittelbaren Raum. Utopiastadt beherbergt heute etwa 50 Kreative aus den Bereichen Kunst, Kultur, Stadtentwicklung und IT. Kreative Arbeit und Kreativwirtschaft seien zwar schwer zu fassen, doch als Schlagwort bedeute Kreativwirtschaft Förderzugang, zumal dieser junge Wirtschaftszweig mittlerweile auch bei etablierten Institutionen auf Akzeptanz treffe, meint Hempe. Für die kreativen Kleinunternehmen, die keine Lobby für sich beanspruchen können, ist Kreativwirtschaft – und konkret in Wuppertal Utopiastadt – vor allen Dingen eine Möglichkeit, sich Gehör zu verschaffen. Die Wahl des Mirker Bahnhofs dürfte dabei hilfreich gewesen sein, steht das Gebäude aufgrund des Denkmalschutzes doch im öffentlichen Interesse.Ein „Netzwerk kreativer Köpfe, die sich im Kollektiv Fragen, Aufgaben und Herausforderungen stellen“ nennen die Macher selbst ihr Kreativprojekt. Durch diese geballte Ansammlung verschiedener Kunst- und Servicesparten können auch örtliche Kulturförderungen sowie Stipendien optimal beantragt und wahrgenommen werden – ein Beispiel gelungener Zusammenarbeit zwischen Kreativen und öffentlicher Hand, zumindest in Ansätzen. Bei aller Kritik an aufgebauschten Begrifflichkeiten soll das nicht unerwähnt bleiben.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Hang zum erfolgreichen Herumspinnen
Die Kulturtrasse feiert Wuppertal als Meister der Umnutzung – Spezial 09/17
Hört, Hört!
Viertelsprecher verkünden während Kulturtrasse am Mirker Bahnhof, der Immanuelskirche und am Bürgerbahnhof Vohwinkel
Post-apokalyptische Oktopusse in Aktion
Von Vohwinkel bis Wichlinghausen: Festival „KulturTrasse 2017“ am 2.9. – Prolog 08/17
Dada für die Generation Y
Die Band Golf lädt an den „Playa Holz“ – Popkultur in NRW 03/17
Auf ein Neues
Das Jahr 2017 nimmt Konturen an – Prolog 01/17
Träumen von einer besseren Zukunft
Filmdiskussion zu „Mensch:Utopia“ in Utopiastadt – Foyer 11/16
Ganz große Oper
„Sound of the City: Bund der Utopisten“ – Eröffnung im Schauspielhaus
Werke, Ideen, Techniken
Wuppertaler offene Galerien und Ateliers am 5./6.11. – Kunst 11/16
Urbane Planspiele
„Spekulationen Transformationen“ – Zukunftsforscher Stefan Carsten in Utopiastadt
Kunststadt an der Schwebebahn
Die Kunstszene entwickelt sich äußerst spannend – Prolog 02/16
Das Morgen hat begonnen
Christian Hampe hat „clownfisch“ gegründet und initiierte das Utopiastadt-Projekt im Bahnhof Mirke – Porträt 11/11
Weihnachtswarnung
Intro – Erinnerte Zukunft
Glücklich erinnert
Teil 1: Leitartikel – Wir brauchen Erinnerungen, um gut zu leben und gut zusammenzuleben
„Erinnerung ist anfällig für Verzerrungen“
Teil 1: Interview – Psychologe Lars Schwabe über unseren Blick auf Vergangenheit und Gegenwart
Zivilcourage altert nicht
Teil 1: Lokale Initiativen – Der Verein zur Erforschung der Sozialen Bewegungen im Wuppertal
Aus Alt mach Neu
Teil 2: Leitartikel – (Pop-)Kultur als Spiel mit Vergangenheit und Gegenwart
„Früher war Einkaufen ein sozialer Anlass“
Teil 2: Interview – Wirtschaftspsychologe Christian Fichter über Konsum und Nostalgie
Spenden ohne Umweg
Teil 2: Lokale Initiativen – Das Netzwerk 2. Hand Köln organisiert Sachspenden vor Ort
Nostalgie ist kein Zukunftskonzept
Teil 3: Leitartikel – Die Politik Ludwig Erhards taugt nicht, um gegenwärtige Krisen zu bewältigen
„Nostalgie verschafft uns eine Atempause“
Teil 3: Interview – Medienpsychologe Tim Wulf über Nostalgie und Politik
Lebendige Denkmäler
Teil 3: Lokale Initiativen – Die Route Industriekultur als Brücke zwischen Gestern und Heute
Unglaublich, aber essbar
Todmorden und die Idee der „essbaren Stadt“ – Europa-Vorbild England
Schlechte Zeiten: Gute Zeiten
Die Macht der Nostalgie – Glosse
Ran an die Regeln
Intro – Verspielt
Das Spiel mit der Metapher
Teil 1: Leitartikel – Was uns Brettspiele übers Leben verraten