Kalendarisch steht alles auf Anfang. Kulturell verspricht das, aufregend zu werden.
Eine alte Bauernregel besagt: Kochendes Wasser lässt sich nicht einfrieren. Und genauso, wie sich die Gegenwart also nicht in Geschichte verwandeln lässt, solange sie noch passiert, lässt sich die Zukunft schwer voraussagen. Was wir wissen ist: Thomas Braus beerbt Susanne Abbrederis als Chef der Wuppertaler Bühnen. Weil er Stadt, Theater und Ensemble kennt, die Stadtverantwortlichen ihm offensichtlich das Know-how als Intendant zusprechen und er als Schauspieler über einen hohen Popularitätsstatus verfügt,übernimmt er den Job im Sommer 2017. Avisiert sind mehr Produktionen und Vorstellungen – wie er das mit dem der klammen Haushaltslage geschuldeten Klein-Ensemble stemmen will, darauf dürfen die Zuschauer gespannt sein. Dem Vernehmen nach jedenfalls beträgt der künstlerische Etat unverändert 980.000 Euro, nicht gerade das, womit sich Riesensprünge machen ließen, aber wohl umso mehr Raum für kreative Ideen lässt.
Erhalten bleibt auch der Skulpturenpark als Bühne für besondere Events. Nicht nur, dass es hier mit dem Bollerwagen auf Wanderschaft entlang der Skulpturen geht, um anhand verschiedener Materialien und Werkzeuge einen praxisorientierten Einstieg in die Arbeitswelt eines Bildhauers zu finden. Als einer der schönsten Nebenschauplätze gibt es hier in unregelmäßigen Abständen Filmvorführungen, Vorträge werden gehalten und es wird musiziert. Anlässlich des 70. Geburtstags des Komponisten John Adams am 15. Februar wird dessen „rhythmische Verzahnung zweier Klaviere“ mit dem Titel „Hallelujah Junction“ aufgeführt. Auf dem Programm der beiden ausführenden Pianisten Majella Stockhausen und Holger Groschopp stehen außerdem Claude Debussy, Arnold Schönberg und York Höllers „Doppelspiel“.
Und auch in Utopiastadt geht es ambitioniert weiter. Zuletzt gab es den Stadtmarketingpreis für die Utopisten, mit der Schau „Utopia 500“ wurde nicht allein der Rückblick auf die vergangenen fünf Jahre in eigener Feierlaune geworfen, zusammen mit der Oper soll bis zum Mai der Klang der Stadt im Projekt „Sound of the City“ eingefangen werden. Kleine Spektakel zünden hier weiterhin große Feuerwerke, zu Jahresbeginn gastiert Friedemann Weise und erklärt die Welt aus der Sicht von schräg hinten. Der Mann, TV-prominent durch Auftritte in gängigen Formaten des lustigen Genres und durch Web-Videos sowie Fotokolumnen in seiner Community überaus berühmt, ist Satiriker, Autor, Liedermacher und an ihm klebt das leider auch ziemlich abgenutzte, viel oft benutzte Etikett Comedian.Ob der sprichwörtliche rote Faden diesmal im Einstecktuch versteckt oder breitbeinig zur Schau gestellt wird, wird hier noch nicht verraten. „Man darf sein, wie die Haut von Wolfgang Joop: Gespannt“, heißt es dazu in der Vorankündigung zu „Die Welt aus der Sicht von schräg hinten“. Als genialer Musiker im Stile eines Helge Schneiders wird er gelobt, der außerdem brüllend komisch sei. Der Anarcho-Humorist, dem viele Comedy-Preise zuerkannt wurden, sagt über seine Arbeit: „Wenn nur einer das Theater mit einem Lächeln verlässt, hat sich der Abend für mich gelohnt. Vorausgesetzt, derjenige bin ich.“
Friedemann Weise | Mi 18.1. 20 Uhr | Utopiastadt | 0202 39 34 86 57
Stockhausen/Groschopp | Sa 4.3. 19 Uhr | Skulpturenpark Waldfrieden | 0180 60 50 400
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