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Foto: Irma Flesch

Die Entlassung einer Führungskraft

18. Juni 2011

Die Beziehung Ballack und DFB nimmt ein unrühmliches Ende - Ballspiel 06/11

Joachim Löw hat entschieden: Michael Ballack wird nicht mehr in der deutschen Fußball-Nationalmannschaft spielen. So weit, so erwartbar. Ballack hatte zuletzt angesichts seiner vielen Verletzungen und wenigen Spiele weder gute Argumente noch gute Karten in der Öffentlichkeit – während die Nationalmannschaft ohne ihn eine (zumindest in drei Partien) berauschende WM gespielt hatte und auf dem Weg zur EM-Qualifikation bisher nichts anbrennen ließ. Was die Mannschaft auf’ dem Platz bei der WM öfters bot, fehlt dem DFB im Umgang mit Ballack: Stil und Klasse. Die scheibchenweise Ausbootung des langjährigen Kapitäns samt Bekanntgabe der endgültigen Entscheidung in der Sommerpause erinnert an die Machtpolitik des legendären Aussitzers und Salamitaktikers Helmut Kohl. In den Kommentaren der Sportredaktionen wird zudem darüber spekuliert, dass der DFB Ballack die Pistole auf die Brust gesetzt und ihm einen „ehrenvollen“ Abschied mit einem 99. und letzten Länderspiel gegen Brasilien im August angeboten haben soll. Da Ballack sich dazu innerhalb einer ihm gesetzten Frist nicht geäußert habe, sei der DFB ohne weitere Absprache mit seiner Pressemitteilung am 16. Juni in die Offensive gegangen. Mit anderen Worten: Löw und die übrigen DFB-Verantwortlichen sind herzlich froh darüber, einen Problemfall endlich entsorgt zu haben.

Wenn aber das Leistungsprinzip der oberste Maßstab ist, nach dem Spieler eingeladen oder aussortiert werden, hätte Ballack für die kommende EM-Saison zumindest eine faire weitere Chance verdient gehabt. Keiner seiner Stellvertreter/Nachfolger auf der Position im defensiven Mittelfeld hat in der abgelaufenen Saison einen überzeugenden Eindruck gemacht, weder Schweinsteiger noch Khedira noch Träsch noch zuletzt Kroos oder gar Ballacks Leverkusener Vereinskollege Rolfes, der fast genauso viel mit Verletzungsproblemen zu kämpfen hatte. Ganz abgesehen davon, dass das Leistungsprinzip in der Nationalelf für andere „verdiente Stammkräfte“ wie Miroslav Klose und Lukas Podolski regelmäßig außer Kraft gesetzt wird. Wogegen nichts einzuwenden ist, solange die beiden ihre Leistung bringen. Und das Alter eines Spielers darf für Berücksichtigung beziehungsweise Nicht-Berücksichtigung ohnehin keine Rolle spielen; immerhin ist Klose auch bereits 33. Wieso sollte also ein demnächst 35-jähriger Ballack in Bestform und ohne Verletzungen keine Alternative sein, wo ihm doch allenthalben in den Nachrufen auf seine Nationalmannschaftskarriere die Zugehörigkeit zur Weltklasse attestiert wird?

Die Gründe dürften weniger in Ballacks (potenzieller) Leistungsfähigkeit liegen als in seiner Person. Die Zweckgemeinschaft Trainer und Kapitän funktionierte leidlich, mehr nicht. Bekanntlich gab es mehrere Machtproben und Scharmützel zwischen ihm und Löw. Ballacks Bruder im Geiste Thorsten Frings wurde schon vor zwei Jahren aus der Nationalelf entfernt. Da sind die jüngeren Spieler pflegeleichter – man könnte auch sagen: langweiliger, konturloser. Ballack hingegen gilt als jemand, der den Mund aufmacht, wenn ihm etwas nicht passt – was man von einem erfahrenen, älteren Spieler mit Kapitänswürde wohl auch erwarten kann. Offensichtlich passt er damit in die neue, jüngste DFB-Mannschaft aller Zeiten nicht mehr hinein. Es ist daher nur konsequent, dass Ballack auf die Trostrunde gegen Brasilien verzichtet. Einen Nutznießer könnte sein Nationalmannschafts-Aus indes haben: Bayer Leverkusen. Dass Ballack seine Laufbahn nicht auf solch unwürdige Weise beenden will, darf man wohl annehmen. Daran mitzuwirken, aus dem traumatisierten ewigen Zweiten Vizekusen vielleicht doch noch ein Gewinner-Team zu machen, sollte Ansporn genug für die Karriere-Zielgerade sein. Zehn Jahre nach dem so unglücklich verlorenen Finale gegen Real Madrid die Champions League mit Bayer Leverkusen zu gewinnen ist allemal eine größere Herausforderung, als mit der deutschen Nationalmannschaft Europameister zu werden.

Michael Hermann

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