Es war ein Abgang mit Ansage: Kay Voges hat seinen Vertrag als Schauspielintendant am Theater Dortmund nicht verlängert und verlässt das Haus im Sommer 2020. In der Gerüchteküche brodelt es sowieso seit Monaten. Und die Uraufführung von „Die Parallelwelt“ als Simultanaufführung von Berliner Ensemble und Theater Dortmund hat das ihrige getan. Keine Berliner Zeitung, die Voges nicht mit der verwaisten Berliner Volksbühne in Zusammenhang bringt. Derzeit wird das Haus interimistisch von Klaus Dörr geleitet, der nach dem Abgang von Kris Dercon die hysterischen Berliner Gemüter wieder beruhigen soll. Dörrs Vertrag läuft offiziell noch bis 2020.
Voges selbst nährt die Gerüchte, als er gegenüber den Ruhr-Nachrichten ankündigte: „Wenn ich noch einmal als Intendant arbeite, dann muss es ein großes Haus sein.“ Infrage kämen nur Städte wie Hamburg, Berlin oder München, fügte er an. Da bleibt dann nicht viel: Als Intendantin der Münchner Kammerspiele wurde gerade Barbara Mundel berufen, am Residenztheater startet Andreas Beck im September in seine erste Spielzeit. In Hamburg ist das Thalia Theater bei Joachim Lux (bis 2024) in guten Händen. Und auch das Berliner Ensemble und das Deutsche Theater haben ihre Intendanten noch ein paar Jahre gebunden. Bleiben also nur: Die Berliner Volksbühne oder das Hamburgische Schauspielhaus (falls Karin Beier 2021 geht).
Dortmund wird aber nicht ganz auf seinen erfolgreichen Theaterleiter verzichten müssen. Die von Voges 2015 angeregte Akademie für Theater und Digitalität wird er auch weiterhin als Gründungsdirektor mit aufbauen. Die europaweit einzigartige Einrichtung steht für „digitale Innovation, künstlerische Forschung und technikorientierte Weiterbildung“. Wie jetzt bekannt wurde, soll die Akademie in einen Neubau an der Dortmunder Speicherstraße am Hafen ziehen. Darüber wird der Dortmunder Rat im Februar entscheiden. Bereits in diesem Frühjahr startet das Weiterbildungsprogramm der Akademie. Die ersten Forschungsstipendien, die der Bund mit 1 Mio. Euro fördert, werden im März ausgeschrieben und beginnen im zweiten Halbjahr 2019. So ehrgeizig und zielorientiert wie die Akademie dürfte Kay Voges auch seine Karriere vorantreiben.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Der Klang der Straße
„Nordstadtoper“ in Dortmund – Oper in NRW 06/22
Der gefährliche Riss in der Psyche
„Die tonight, live forever oder das Prinzip Nosferatu“ am Theater Dortmund – Auftritt 04/22
Zweifelnde Seelen
„Das Mrs.Dalloway Prinzip/ 4.48 Psychose“ in Dortmund – Auftritt 11/21
Standesgemäße Prostitution
Jens-Daniel Herzog inszeniert Straussens „Arabella“ in Dortmund – Oper in NRW 11/17
Virtueller Spatenstich
Kay Voges fordert eine Akademie für Digitalisierung und Kunst – Theater in NRW 09/17
Ein Avatar nimmt zu viele Drogen
Das Medienkunst-Kollektiv sputnic inszeniert in Dortmund „Der Futurologische Kongress“ – Auftritt 07/17
Revolutionäres Pre-Enactment
Geschenke von der Bundeskulturstiftung – Theater in NRW 01/17
Dortmunder Turbulenzen
Schauspielchefin Julia Wissert unter Druck – Theater in NRW 07/22
Keine Berührungsängste
Ivo van Hove leitet ab 2024 die Ruhrtriennale – Theater in NRW 06/22
Theater als „Schule der Empathie“
Kara und Zintl leiten zukünftig das Schauspiel Essen – Theater in NRW 05/22
Das Njet aus der Komfortzone
Russisch-ukrainische Konflikte im deutschen Theater – Theater in NRW 04/22
Freunde und Netzwerke
In Dortmund wurde ein neuer Festivalverbund gegründet – Theater in NRW 03/22
„Unverzichtbarkeit von Theater“
Schmitz als geschäftsführende Direktorin des Bühnenvereins – Theater in NRW 02/22
Mehr Sichtbarkeit
Claudia Roth ist die neue Kulturstaatsministerin – Theater in NRW 01/22
Erbe und Experiment
Boris Charmatz leitet ab 2022 das Tanztheater Wuppertal – Theater in NRW 12/21
Der raue Charme des KAP1
Das FFT in Düsseldorf bezieht eine neue Spielstätte – Theater in NRW 11/21
2G oder 3G?
Die Theater zwischen Landesverordnung und Sicherheitsgefühl – Theater in NRW 10/21
Bachmann bleibt
Der Kölner Schauspielintendant verlängert seinen Vertrag – Theater in NRW 09/21
Wir Kultur-Protestanten
Warum die Schließung von „Freizeiteinrichtungen“ unchristlich ist – Theater in NRW 12/20
Palastrevolution
Lisa Jopt will Präsidentin der Genossenschaft GDBA werden – Theater in NRW 11/20
Berufsziel: Prekarisierung
Kulturrat stellt Studie zum Arbeitsmarkt Kultur vor – Theater in NRW 08/20
Tanzen mit Plexiglashelm
Land NRW beschließt bindende Regeln für den Theaterbetrieb – Theater in NRW 06/20
„Enorme Einbußen“
Theater in Zeiten des Corona-Virus – Theater in NRW 04/20
Lapidares Spiel
Theaterpreis Berlin 2020 – Theater in NRW 02/20
Die Macht, ihr Preis und die Tradition
Düsseldorfer Schauspielhaus feiert 50-jähriges Bestehen – Theater in NRW 01/20