 
		Auf die Frage, ob es denn noch immer etwas Neues zu berichten gebe in  der Alten Musik, schnappten die befragten Musiker dieser besonders in  Köln häufig anzutreffenden Spezies erst einmal nach Luft: Ein Leben kann  nicht reichen, die Schätze zu bergen, von deren Existenz selbst noch  niemand wissen kann, die aber in Archiven schlummern, und außerdem  werden die Erkenntnisse mit der Alten Musik auf immer neuere Gebiete und  Werke angewandt. Und über die ganz alte Musik weiß sowieso niemand  Genaues, und selbstverständlich müsste ein Sinnzweifler dann auch direkt  die ganze Klassik und die Oper direkt mit verdammen, wenn die  wie-viel-tausendste Zauberflöte angeblasen wird … Reinhard Goebel, die  Seele des Weltexportschlagers „Musica antiqua“, gab den jungen  Fährtensuchern der Alten Musik einen Leitspruch aller Historiker für die  vor wenigen Tagen verklungene Musiknacht – die selbst den Fokus auf die  Alte Musik legte – mit auf den Weg: die Vergangenheit erkennen, um die  Gegenwart zu verstehen – und die Zukunft zu gestalten! Dieser Satz, der  klingt wie aus der Schmiede einer Werbeagentur oder aus einer Rede des  Bundespräsidenten, gilt ganz besonders für die Entwicklung der letzten  fünfzig Jahre in der Kölner Alte-Musik-Bewegung: Nicht umsonst klingen  erst in der jüngsten Vergangenheit Naturtontrompeten, Feldpauken und  sogar Darmsaiten in „ganz normalen“ Ensembles wie dem Kölner  Gürzenich-Orchester. Das Erbe von gestern, von den Pionieren der  „Cappella Coloniensis“ oder dem „Collegium Aureum“, hat heute den  Alltagsbetrieb erreicht. So waren die Mühen der Spezialisten mit ihren  Originalinstrumenten, die – wie die Jazzer und die Neutöner in ihren  Musik-Nischen – stets gegen den Mainstream eines populären  Klassikbetriebs anschwimmen mussten, alles andere als vergebens.
Ein  „Kölner Fest für Alte Musik“ darf jetzt die Enkelgeneration dieser  Streiter erleben, und das ist keine Wiedererweckung, sondern eine  Neuerfindung, die vom Stellenwert der Alte-Musik-Szene Köln in der Welt  eigentlich Jahrzehnte zu spät kommt. Aber aus unerklärlichen Gründen  existierte im Kölner Raum stets ein riesiger Fundus an exzellenten  Spezialisten für die historische Aufführungspraxis, gespielt wurde aber  relativ selten in der Domstadt. Es war eine stumme „Hochburg der Alten  Musik“, die in diesem Herbst ihre Stimme findet, und das in nicht  wirklich rosigen Zeiten für die Freie Szene – denn dazu zählt das Gros  der Historiker.
Die Oper springt zum Fest gleich auf mit einer Oper  Monteverdis, es gibt Platzmusik, einen Arienabend mit dem Counter-Star  Max Emanuel Cencic, Monteverdis Marienvesper erleuchtet die  Trinitatiskirche, eine musikalische Bootsfahrt beschallt den Rhein,  Dorothee Oberlinger flötet im MAK, und Christoph Spering dirigiert  Bachkantaten vor einem angemessenen Abschlussfest.
Diese geballte  Ladung Alter Klänge von Spitzenkräften wird in diesem Jahr noch von  einem Verein getragen. Aber „die Zukunft“ wird auch bereits gestaltet.  Die Planungen für ein Zentrum für Alte Musik in Köln zur Bündelung aller  Kräfte sind angelaufen. Die „Hochburg“ soll nie wieder verstummen.

Kölner Fest für Alte Musik: 21.-24.10. I www.musik-in-koeln.de
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