Im Gewächshaus zum Überleben wohnt Moritz mit seinen Nachbarn Margot und Heinz. Irgendwo in einer Metropole, deren hektisches Leben hinter den Kulissen wabert, hinter dem Hofdurchgang, weit weg. Man hat sich hier im Schatten der heruntergekommenen Fassaden der sanierungsbedürftigen Häusern mit dem Leben am Minimum arrangiert. Eike Hannemann inszeniert in Wuppertal „Licht frei Haus“ von Thomas Melle, ein Sozialdrama ist das nicht, obwohl sich die Geschehnisse dramatisch entwickeln, als Agnes (Juliane Pempelfort) einzieht, von ihrem Chef frisch geschwängert. Sie ist Moritz’ Ex, das Wiedersehen dementsprechend zäh. Aber der labile Computerfreak (Gregor Henze), der sich mit dem Verkauf von E-Mail-Adressen nicht mehr über Wasser halten kann, hilft beim Einzug und macht sich Hoffnungen.
Da leben nun vier Irre am Rande des Wahnsinns in ihren einsehbaren Kammern, die Wohnungen sein sollen, treffen sich am Knotenpunkt Hinterhof, zertrümmern mal die Sprechanlage, fordern „ein bisschen mehr Licht“ für ihr steinernes Biotop, aber irgendwie hat man sich doch arrangiert in der Not, in der Schutzzone Gemeinsamkeit. Rentner Heinz (Lutz Wessel), der seinen körperlichen Verfall mit Bier und Drogen bekämpft, Rentnerin Margot (Maresa Lühle), die immer mal wieder gern die Urne ihres Mannes sexuell missbraucht und dafür Hilfe braucht, das junge Paar, das keins sein will, sie alle grillen und saufen drauf los, man merkt dass dieses „Glück“ nicht von langer Dauer sein wird. „Man raucht eine, isst eine Stulle, der Fernseher spricht so schön und fünf Minuten später ist man asozial", auch Margot hat sich ihren Lebensabend wohl anders vorgestellt. Dennoch hilft man sich über die Runden.
Hannemann hat die gekonnt gestrickten Dialoge in einen sehenswerten Handlungsrahmen verpackt, die Bühne von Birgit Stoessel strukturiert mit gemalten Schildern die Szenen, die Orte und die Choreografie zwischen Hinterhof, Zimmern und den dunklen Hausflur, der wie ein böser Schlund in der Mitte des Geschehens das Böse ausspuckt in Gestalt des Sozialarbeiters Stempel (Andreas Ramstein), der sein Soll an guten Taten im Amt noch nicht erreicht hat und nun ein Exempel statuieren will. Der kranke Heinz soll ins Heim, die Wohnungen sollen zwangsgeräumt werden, das ist der perfide Plan, den er jovial und hinterhältig in die Tat umsetzen will. Das Stück raucht jetzt in Jahreszeiten so vorbei, wie die Bratwurst auf dem Eimergrill. Der Staatsmacht will begegnet sein. „Man hat nicht mehr viel und wuchert mit den Resten“, diese Möglichkeit ist nun in Gefahr.
Mit einer wilden Horrorshow vertreiben sie zwar den städtischen Intrigenspinner, doch die Zeiten des ungestörten lustigen Vegetierens ist vorbei, die Zukunft hat ihr Licht verbraucht. Leicht verdaulich ist der dramatische Niedergang am Rande der Gesellschaft, ein sehenswerte Inszenierung, für die Zeit vor dem opulenten Abendessen, doch die Realität sieht irgendwie anders aus.
„Licht frei Haus“ von Thomas Melle I R: Eike Hannemann | 6.10. 20 Uhr I Kleines Schauspielhaus Wuppertal I 6.10. 20 Uhr I www.wuppertaler-buehnen.de
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