Es ist 14.30 Uhr. Viele der Kinder werden abgeholt. Draußen donnert es. An diesem warmen Sommertag schickt das nahende Gewitter seine ersten Vorboten. In der Kindertagesstätte ist deshalb die Aufregung groß. „Ich finde meine Jacke nicht. Habe ich eine Regenjacke hier?“, fragt einer der Knirpse. Er hat, bestätigt ihm Leiterin Claudia Weishaupt. Holen muss er sie aber ganz alleine.
Die 3- bis 6-jährigen Kinder bleiben in der Regel bis zum Mittag in der Einrichtung, einige auch bis zum späten Nachmittag. Zwischendurch gibt es ein Mittagessen. Die Kinder entscheiden selbst, wie sie ihren Tag gestalten wollen. Sie kaufen im Kaufmannsladen ein, errichten im Bau-Raum riesige Hochhäuser oder malen kleine Kunstwerke im Atelier. Im täglichen Stuhlkreis erzählen sie, was sie den Tag über erlebt haben, was zu Hause passiert ist oder was sie sich wünschen. Um elf Uhr geht es raus in den Hof und bei schönem Wetter auch mal in den Wald. Die Erzieherinnen fördern gezielt die Interessen der Kinder. Denn wenn es Spaß macht, lernt es sich gleich viel einfacher. Ein geordneter Tagesablauf ist dabei sehr wichtig. „Kinder brauchen feste Regeln und Rituale, um eine Struktur zu haben“, erklärt Claudia Weishaupt.
Selbstständigkeit, Selbstvertrauen und ein friedfertiges Miteinander sind die erzieherischen Grundwerte der Tageseinrichtung. Die Erwachsenen geben kaum etwas vor, sodass der kindlichen Kreativität kaum Grenzen gesetzt sind. Das macht die Erzieherinnen aber noch lange nicht arbeitslos. Vielmehr moderieren sie den Prozess, gehen auf die Bedürfnisse der Kinder ein, suchen mit ihnen gemeinsam nach Lösungsmöglichkeiten.
Manchmal stoßen die Kleinen aber auch an ihre Grenzen. Vor einiger Zeit hat ein Kind eine tote Maus entdeckt. Das hat die Kinder so sehr beschäftigt, dass sie die Erzieherin die ganze Zeit mit Fragen löcherten. Man erklärte ihnen, dass der Tod endgültig sei und dass die Maus nicht mehr zurückkehrt. Die Knirpse haben dann einen Grabstein gebastelt, die Pfarrerin hielt einen Gottesdienst. „Wir haben uns auf verständliche, spielerische Weise mit dem Thema auseinandergesetzt“, sagt Claudia Weishaupt. Sie brauchen einen Erwachsenen, der ihnen die Prozesse erklärt. Noch heute sprechen sie oft über die tote Maus.
Die Kinder singen und musizieren, auch Religion spielt in der Tageseinrichtung eine Rolle. Einmal im Monat gibt es einen Gottesdienst, einmal im Jahr die Bibelwoche. Darüber hinaus wird jedes christliche Fest im Jahresrhythmus gefeiert. Die angehenden Grundschulkinder werden besonders gefördert. Die sogenannten Königskinder besuchen den Zoo oder die Feuerwehr. Das Fahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln erhöht die Verkehrskompetenz und ist obendrein ganz schön aufregend. Ähnlich wie eine tote Maus oder ein Gewitter. Apropos Gewitter: Ein blondes Mädchen hat die Lösung für das Wetter-Problem bereits gefunden. Es klappt seinen regenbogenfarbigen Regenschirm auf und sagt: „Mit dem mache ich das Gewitter jetzt weg.“
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Kinder im Garten und Kinder im Kindergarten
Möglichkeiten für Betreuung der ganz Kleinen - THEMA 07/12 KINDERGARTENSTREIT
„Wir haben massiv neue Plätze geschaffen“
Stefan Kühn über die Bemühungen der Stadt Wuppertal im Bereich der Kinderbetreuung - Thema 07/12 Kindergartenstreit
„Das Betreuungsgeld setzt auf Verhäuslichung“
Charlotte Röhner über Erkenntnisse der Kleinkindpädagogik - Thema 07/12 Kindergartenstreit
Rascheln und Rindenkugelbahnen
Waldkindergärten bieten Erziehung im Grünen - Thema 07/12 Kindergartenstreit
Montessori als Lebenshaltung
Kinderbetreuung im Montessori Kinderhaus in Wuppertal - Thema 07/12 Kindergartenstreit
Einig im Treten
Intro – Arbeitskämpfe
Armut wählen
Teil 1: Leitartikel – Zur politischen Kultur Deutschlands
„Egal wer die Brandmauer zerstört, wir werden ihn kritisieren“
Teil 1: Interview – Omas gegen Rechts: Jutta Shaikh über die Verteidigung der Demokratie
Als Bürger wahrgenommen werden
Teil 1: Lokale Initiativen – Lernbehinderte in der KoKoBe erheben ihre politische Stimme.
Bloß der Wille fehlt
Teil 2: Leitartikel – Die Politik zulasten der Ärmsten gefährdet den sozialen Frieden
„Politik für das Gemeinwohl, nicht für Unternehmen“
Teil 2: Interview – Armutsforscher Christoph Butterwegge über die Umverteilung von Reichtum
Jetzt erst recht
Teil 2: Lokale Initiativen – Parents for Future in Köln
Peitsche namens KI
Teil 3: Leitartikel – Beschäftigte werden mit neuester Technologie massenhaft überwacht.
„KI streikt nicht“
Teil 3: Interview – Informatiker und Philosoph Jürgen Geuter über künstliche Intelligenz in der Arbeitswelt
Gegen digitalen Kolonialismus
Teil 3: Lokale Initiativen – Der Chaospott Essen klärt über Technik und Datenschutz auf
Feierabend heißt Feierabend
Neues Gesetz schützt Arbeiter vor ständiger Erreichbarkeit – Europa-Vorbild: Spanien
„Ich ersetze keine Menschen – ich entlarve sie“
Ein Gespräch mit einer Künstlichen Arroganz über den Arbeitsmarkt – Glosse
Zum Wohl!
Intro – Rausch im Glück
Konsum außer Kontrolle
Teil 1: Leitartikel – Was uns zum ständigen Kaufen treibt
„Dann übernimmt das Lusthirn“
Teil 1: Interview – Psychotherapeutin Nadine Farronato über Kaufsucht
Teufelskreis im virtuellen Warenkorb
Teil 1: Lokale Initiativen – Die Caritas-Suchthilfe hilft auch bei Kaufsucht weiter
Lebensqualität gegen Abwärtsspirale
Teil 2: Leitartikel – Drogensucht ist kein Einzelschicksal, sie hat gesellschaftliche Ursachen
„Wir haben das Recht auf Rausch“
Teil 2: Interview – Mediziner Gernot Rücker über die Legalisierung von Drogen
Zwischen Blüte und Bürokratie
Teil 2: Lokale Initiativen – Der Cannabas-Club e.V. und der neue Umgang mit Cannabis
Gute Zeiten für Verführer
Teil 3: Leitartikel – Das Spiel mit dem Glücksspiel