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Warum eigentlich wählen so wenige Männer den Lehrerberuf für die unteren Klassen? Die Vereinsgründer identifizieren mehrere Ursachen: Seit Mitte des vergangenen Jahrhunderts ist die Arbeit insbesondere mit jüngeren Kindern weiblich konnotiert. Die vergleichsweise geringe Bezahlung mindert das Prestige zusätzlich, und die Arbeitszeiten machen den Beruf traditionell für Frauen interessant, die in der Schweiz noch immer häufig für die Kinderbetreuung zuständig sind. Nicht zuletzt trägt auch der Generalverdacht des Kindermissbrauchs durch Männer zur Scheu vor dem Beruf bei. Aus Sicht des Vereins irreführend sei jedoch die Rede von der „Feminisierung der Schule“ – vielmehr hätten sich Männer aktiv aus den pädagogischen Berufen zurückgezogen.
Dass guter Unterricht keine Frage des Geschlechts ist, haben Untersuchungen längst gezeigt. Die Beweggründe für die Förderung männlicher Pädagogen liegen somit auch weniger in den schulischen Leistungen. Vielmehr geht es dem Verein um Chancengleichheit und Vielfalt. So gewinne das gesamte Schulteam, wenn unterschiedlichste Perspektiven und Erfahrungen vertreten seien. Der hohe Frauenanteil verstärke zudem stereotype Rollenklischees: Kinder lernen, dass Erziehung „weiblich“ ist. Die Erfahrung vielfältiger und bunter „Männlichkeit“ fehlt.
Vier Teilprojekte hat der Verein, der 2014 von Akteuren aus Schulpolitik und -praxis gegründet wurde, bisher realisiert: Interessierte Männer erhalten Schnuppergelegenheiten in die Lehr-Ausbildung und begleiten Primarlehrer oder Pädagogik-Studenten im Alltag. Das Projekt „MENtor“ vernetzt männliche Studierende untereinander und vermittelt männliche Lehrkräfte als Mentoren. Fortbildungen qualifizieren LehrerInnen und BerufsberaterInnen für eine gendersensible Vermittlung von Berufs- und Studienwahlkompetenzen. Weitere Projekte sind in Planung. Finanziell unterstützt wird die Kampagne vom Gleichstellungsbüro des Bundes und von den beteiligten Organisationen wie dem Lehrerverband und den Pädagogischen Hochschulen.
Darüber hinaus, so ist der Verein überzeugt, brauche es einen gesamtgesellschaftlichen Wandel um das Stereotyp der „unmännlichen“ Arbeit mit Kindern endlich zu überwinden – hier sei auch die Politik gefragt. Was die Maßnahmen langfristig bewirken, wird die Zeit zeigen. In jedem Falle besitzt das Projekt Vorbildcharakter.
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