Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
22 23 24 25 26 27 28
29 30 1 2 3 4 5

12.561 Beiträge zu
3.787 Filmen im Forum

Pablo Picasso, Hummer und Siphon, 1948 , Von der Heydt-Museum Wuppertal
© Succession Picasso / VG Bild-Kunst, Bonn 2023

Großmeister im Dialog

06. November 2023

Picasso und Beckmann im Von der Heydt-Museum – kunst & gut 11/23

Selbst wenn man meint, Picasso und Beckmann hinlänglichen zu kennen – die großen alten Meister der Moderne sind doch immer wieder für kleine Überraschungen gut. Gut, vom manisch produktiven Picasso, der in seinem langen Leben über 40.000 Werke schuf, wird man in jeder Ausstellung bislang Unbekanntes sehen. Aber auch Beckmanns Œuvre hält Entdeckungen bereit. Das Wuppertaler Museum zeigt erstmals nun – als Beitrag zum weltweiten Ausstellungsreigen im 50. Todesjahr Picassos – thematisch verwandte Arbeiten beider Ausnahmekünstler im Dialog und lädt zum Vergleichen ein.

Von der Heydt-Museum
Foto: © Museum
DAS MUSEUM: Das Von der Heydt-Museum in Wuppertal wurde 1902 als Städtisches Museum Elberfeld gegründet. Zu seiner heutigen Sammlung gehören unter anderem Werke von Otto Dix, Pablo Picasso, Claude Monet und Francis Bacon. Museumsdirektor ist Dr. Roland Mönig.

Kann man machen. Beide Künstler, der Spanier Picasso (1881–1973) und der Deutsche Beckmann (1884–1950) stehen für figürliche Malerei in der ersten Hälfte des 20. Jh. – vorrangig für Menschenbilder, nicht selten Selbstporträts. Von beiden hat das Von der Heydt-Museum und als Kooperationspartner das Sprengel Museum Hannover ein größeres Konvolut im jeweiligen Depot. Und so gelang es den Kuratoren, ergänzt durch wenige Leihgaben, 56 Gemälde, 195 Grafiken und zwei Skulpturen zusammenzutragen und in der zweiten Ausstellungsetage in neun Kabinetten zu konfrontieren. Die kleinen thematischen Einheiten, stets paritätisch bestückt, werden begleitet von Texttafeln, die Ähnlichkeiten und Unterschiede beider künstlerischen Positionen anreißen. Der zehnte Ausstellungsaum zeigt als Zugabe Menschenbilder anderer Zeitgenossen aus der Sammlung.

Der Auftaktraum gibt sich unspektakulär mit Biografietafeln und (Selbst-)Porträts; es geht eigentlich sofort in medias res. Von Raum zu Raum, von Bildnissen gesellschaftlicher Außenseiter über kubistische Experimente und Maskeraden bis zu Darstellungen massiger menschlicher Körper in Raum 5, wo beide Künstler sich formal und thematisch weitgehend annähern. Mythen und Sagen inspirierten beide. Doch speziell beim Frauenbild und der Beziehung zwischen den Geschlechtern unterscheiden sie sich augenfällig. Beckmann fokussierte die in sich ruhende Frau neben angespannten Männern, während es in Picassos Spätwerk nicht um einfühlendes Verständnis ging, sondern um formale künstlerische Experimente.

Ja, es gibt Gemeinsamkeiten, es gibt Unterschiede und es gibt Ähnlichkeiten aus Zufall oder mit völlig andersartigen Intentionen. Wem das zu akademisch, fragwürdig oder einfach egal ist, kann einzelne großartige Werke für sich entdecken, z. B. Beckmanns kleine Bronzefigur des sich vorsichtig vorantastenden „Mann im Dunkeln“. Seine unbekannteren Landschaften zeigen ungewohnte Perspektiven: Blicke aus dem Zugfenster mit lockerem Pinselstrich – flüchtige Schnappschüsse, auf Leinwand gebannt. Blicke von einer Terrasse auf Pariser Vororte (1930), wo sich die Seine hindurchschlängelt wie Zahnpasta aus der Tube.

Picassos Grafik verblüfft einmal mehr durch punktgenau hingeworfene Umrisslinien. Frauen, Stiere, Katzen, Pferde mit umeinandergewundenen Gliedmaßen, anatomisch immer korrekt, ein Phänomen. Umso kurioser seine Radierung „Maler und strickendes Modell“ (1927), auf der ein konzentrierter Künstler von der handwerkelnden Frau statt Porträtähnlichkeit nur knäuelförmige Wirrnis auf die Leinwand zaubert. Einfach große Kunst. 

Pablo Picasso | Max Beckmann: Mensch – Mythos – Welt | bis 7.1.24 | Von der Heydt-Museum, Wuppertal | 0202 563 62 31

 

Claudia Heinrich

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Arthur der Große

Lesen Sie dazu auch:

Zu Gast beim Fremden
Lothar Baumgarten im Von der Heydt-Museum

„Er hat sehr feinsinnige Arbeiten erschaffen“
Kunsthistorikerin Anna Storm über die Ausstellung zu Lothar Baumgarten im VdH-Museum – Interview 03/24

Formen mit Bedeutung
Abstraktion in der Von der Heydt Sammlung

Unergründliche Dingwelt
Erinna König im Wuppertaler Von der Heydt-Museum – kunst & gut 01/24

„Abstrakte Kunst ist keine Reproduktion der Wirklichkeit“
Kuratorin Beate Eickhoff über „Nicht viel zu sehen“ im VdH-Museum – Interview 01/24

„Picasso und Beckmann standen im Zentrum der Debatte über Malerei“
Direktor Roland Mönig über die neue Ausstellung im Von der Heydt-Museum – Sammlung 09/23

Bella Figura
„Figur!“ im Skulpturenpark Waldfrieden – kunst & gut 07/23

Poetische Energie
Franziska Holstein im Von der Heydt-Museum – kunst & gut 05/23

Todfeinde der Malerei
„Eine neue Kunst. Fotografie und Impressionismus“ in Wuppertal
 – kunst & gut 11/22

Seine Figuren erzählen keine Geschichten
„Metamorphosen des Körpers“ im Von der Heydt-Museum
 – kunst & gut 08/22

Als sich die Abstraktion erst mal in Luft auflöste
„Zero, Pop und Minimal“ im Von der Heydt Museum
 – kunst & gut 05/22

Landschaftspflege auf Leinwand und Fotopapier
Hans-Christian Schink im Von der Heydt-Museum
 – kunst & gut 04/22

Kunst.

Hier erscheint die Aufforderung!