Es ist vielleicht dieser Satz, der die Essenz von Navina Binkenborns unternehmerischer Seele im Kern trifft: „Es wächst schön langsam, aber kontinuierlich“, sagt die 35-jährige ausgebildete Schneiderin und studierte Designerin über ihr Geschäft. „Schön langsam“, so etwas hört man in der Wirtschaft selten, aber zuletzt immer häufiger – geht der Trend doch gerade für Frauen zu nachhaltiger Arbeit in einem selbst gegründeten Unternehmen. Binkenborn hat 2011 das Modelabel Edda Mör ins Leben gerufen und verkauft seit 2014 in einem Ladenlokal an der Friedrich-Ebert-Straße im Wuppertaler Luisenviertel.
Sie legt Wert auf nachhaltige Arbeit, was die Produktion angeht. Im Design macht sie ihr eigenes Ding, versucht, sich durch frische Ideen vom Mainstream abzusetzen. Ihre Mode ist von eigener Hand hergestellt. Denn Binkenborn entwirft nicht nur, sondern stellt jedes Stück selbst her. Ihre kleinen Kollektionen sind oft schnell vergriffen. „Ich persönlich finde es super, weil es kaum einen Rest gibt, der nicht verkauft wird. Und deshalb quasi keinen Abfall“, sagt sie. Abfall gäbe es bei ihr vermutlich eh nicht. Die Gründerin hat das Re- und Upcycling fest in ihr Konzept aufgenommen. Upcycling bedeutet, dass sie alte Kleidung neu gestaltet, ob mit Farben oder mit neuen Stoffen ausgebessert. Dafür bietet sie auch Selbstmach-Kurse an. Sie ist der Meinung, dass nicht alles gleich in den Müll wandern muss, was nur leicht kaputt oder alt ist. Schließlich gehe alles zu Lasten der Welt, in der wir leben.
„Schön langsam“, das kann die zierliche Frau mit der ruhigen Stimme weiter ausführen. „Mit Kindern geht das gar nicht anders. Sie stehen bei mir immer an erster Stelle“, sagt die zweifache Mutter. Ideen, wie sie ihre Marke mit dem Einsatz von etwas Geld schnell bekannter machen könnte, hätte sie schon; zum Beispiel über einen Onlineshop. „Ich glaube aber, dass ich langfristig erfolgreicher bin, wenn ich Edda Mör von Stadt zu Stadt bekannter mache und einen Kundenstamm durch Werbung untereinander aufbaue. Meine Kunden werden sehr oft auf meine Stücke angesprochen, wenn sie sie tragen“, sagt Binkenborn. Außerdem ganz wichtige Argumente für den Lebensentwurf der 35-Jährigen: weniger Stress zu haben, sich selbst treu zu bleiben und sein eigenes Leben leben zu können.
Alles Faktoren, die sie selbst auch im Kontrast zu einer männlich dominierten Welt der Konzerne und Gewinnmaximierung sieht. „Ich glaube schon, dass Frauen – gerade mit Kindern – unternehmerisch anders denken und mehr Wert auf den ökologischen Aspekt legen. Vielleicht sind sie auch nicht so machtgeil und streben nach Ansehen, wie es manche Männer tun“, sagt sie.
Mittlerweile „exportiert“ sie ihre Kleidungsstücke in zwei Kölner Geschäfte, die auf junges, ausgefallenes Design setzen. Vielleicht, sagt sie, gibt es bald eine Mitarbeiterin, die ihr beim Schneidern hilft. Wachstum eben. Aber alles schön langsam.
Aktiv im Thema
www.existenzgruenderinnen.de | Webseite der bundesweiten Gründerinnenagentur
www.weiberwirtschaft.de | Genossenschaft für Gründerinnen in Berlin
www.bmfsfj.de | Ministerium Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Lesen Sie weitere Artikel
zum Thema auch unter: trailer-ruhr.de/thema und choices.de/thema
Thema im April: WASSERSCHADEN – Von der Amöbe bis zum Quantenphysiker – Wasser ist Lebensgrundlage. Das Element als künftiger Kriegsgrund, philosophisch betrachtet und wie wir es schützen und nachhaltiger verwenden können.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Problemzone Frauenkörper
Frauen können selbst entscheiden, was sie anziehen – ob Bikini oder Burkini – THEMA 10/16 FRAUENRECHT
„Religionen sind frauenfeindlich“
Mina Ahadi über Kopftuch, Burka und andere religiöse Machtsymbole – Thema 10/16 Frauenrecht
Unter Schwestern
Die Wuppertaler Soroptimisten engagieren sich in drei Clubs – Thema 10/16 Frauenrecht
Kopftuch-Polizei
Nach London nun auch schottische Polizei mit Hijab als Teil der Uniform – Thema 10/16 Frauenrecht
Wegweiserinnen
Stadtführung „Frauensache“ zeichnet am 10.7. das Leben fünf berühmter Wuppertalerinnen nach
Weiberwirtschaft
Weniger Testosteron, nachhaltigere Entscheidungen – THEMA 03/16 FRAUENLEBEN
„Nachfolge ist weiblich“
Iris Kronenbitter von der bga über Gründerinnen – Thema 03/16 Frauenleben
Widerstand vernetzen
Griechische FeministInnen kämpfen off- und online für die Gleichberechtigung – Thema 03/16 Frauenleben
Die Verbrechen der Freunde
Die Aufdeckung der Massenvergewaltigungen des 2. Weltkrieges verändert unser Geschichtsbild – Textwelten 06/15
Utopien sind gut
Laurie Pennys feministisches Manifest „Unsagbare Dinge“ fordert mehr Gerechtigkeit für alle Geschlechter
Rastlos bleiben
Frauen kämpfen immer noch um Gleichberechtigung im Beruf – THEMA 03/15 FRAUENMENSCHEN
„Frauen werden zur Perfektion erzogen“
Journalistin Stefanie Lohaus über Probleme von Frauen im Beruf – Thema 03/15 Frauenmenschen
Bloß kein Erbarmen
Intro – Digital unverbunden
Champagner vom Lieferdienst
Teil 1: Leitartikel – Vom Unsinn der Debatte über die junge Generation
„Junge Menschen sind gesucht und begehrt“
Teil 1: Interview – Arbeitsmarktforscher Ulf Rinne über neue Herausforderungen bei der Berufswahl
Wer bin ich?
Teil 1: Lokale Initiativen – Johannes Wilbert begleitet Menschen bei ihrer Suche nach dem passenden Beruf
Kult der Lüge
Teil 2: Leitartikel – In den sozialen Netzwerken wird der Wahrheitsbegriff der Aufklärung auf den Kopf gestellt
„Das eigene Bauchgefühl hat noch nie gereicht“
Teil 2: Interview – Medienwissenschaftler Michael Seemann über Täuschungen durch KI
Wissen über KI fördern
Teil 2: Lokale Initiativen – Die Kölner Wissenschaftsrunde
Die Messenger-Falle
Teil 3: Leitartikel – Zwischen asynchronem Chat und sozialem Druck
„Häufig eine völlig falsche Vorstellung des ‚echten Lebens‘“
Teil 3: Interview – Psychologin Anna Schneider über Freundschaft in Zeiten der Digitalisierung
Dein Freund, das Handy
Teil 3: Lokale Initiativen – Forschung zur Smartphone-Nutzung in Beziehungen an der Universität Witten/Herdecke
Digitalisierung für alle
Technischer Wandel und Inklusion – Europa-Vorbild: Dänemark
Gemeinsam einsam
Die Kunst, nebeneinander zu sitzen und Welten entfernt zu sein – Glosse
Wen Lindner so treibt
Intro – Schöne neue Zukunft