Die Inszenierung von Andrea Schwalbach kommt ohne Firlefanz aus, beschränkt sich auf nur einen, von Britta Leonhardt entworfenen großen schwarzen Raum. An der hinteren Wand schwebt ein schwarzer Kreis mit einem leuchtenden Ring darum, gleich einer Sonnenfinsternis, die bei alten Völkern als Vorbote sich nähernden Unheils galt. Links befindet sich auf dem Boden ein Loch, der Eingang zur Zisterne. Leonhardt, die sich von Bildern Francis Bacons inspirieren ließ, schuf außerdem die überwiegend skurrilen Kostüme, besonders aufwändig fallen die des Königs und seiner Gattin aus. Es stört nur die Aufmachung der fünf Juden als streng orthodoxe Gläubige mit Schläfenlocken angesichts des Kriegs im Nahen Osten und besorgniserregenden Antisemitismus. Ansonsten lenkt nichts ab, richtet sich der Blick auf die vier Hauptpersonen. Dergestalt hebt die Wuppertaler Oper das Musikdrama „Salome“ von Richard Strauss als erste Produktion dieser Spielzeit auf die Bühne.
Salome ist richtig genervt. Denn ihr Vater Herodes will ihr an die Wäsche. Außerdem will sie generell mit Männern nichts zu tun haben. Nur Jochanaan unten im Verließ reizt sie. Doch der will nichts von ihr. Oben angekommen fällt sie ihm zwar um den Hals, doch ihn zu küssen schafft sie nicht. Das lässt sie nicht auf sich sitzen und schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe: Papa muss den Angehimmelten köpfen lassen und sie kann dessen Schädel endlich liebkosen. Am Ende muss aber auch sie dran glauben. Und Mutter Herodias funkt immer wieder dazwischen.
Dank der großartigen schauspielerischen Leistung fesselt das Geschehen. Doch sind die Handlungsstränge recht statisch angelegt. Große Bewegungen finden nicht statt. Narraboths im Hintergrund stattfindender Selbstmord wirkt nebensächlich. Figuren stehen oft an den Seiten herum oder sitzen reglos hinten an der Rückwand. Einzige Ausnahme ist Salomes Tanz, der den ganzen Bühnenraum in Anspruch nimmt.
Um diese Produktion mit ihrer musikalisch wagnerschen Größenordnung stemmen zu können, kommt die Wuppertaler Oper nicht umhin, die großen Rollen mit Gästen zu besetzen. Sie werden den hohen Anforderungen voll gerecht. Helena Juntunen gibt dank ihres variablen dramatischen Soprans eine plausible Salome ab. Michael Kupfers profunder Bariton spiegelt absolut überzeugend den unbeeinflussbaren Jochanaan wider. Matthias Wohlbrechts Bariton zeichnet eindrucksvoll den auf seine Tochter versessenen Herodes nach. Mezzosopranistin Gundula Kintz schlüpft mustergültig in die Rolle der überdreht-grellen Herodias. Auch die Sänger des hauseigenen Ensembles und Opernchors singen ihre mittleren und kleinen Partien sehr ausdrucksstark.
Dabei sorgt unter der Leitung von Generalmusikdirektor Patrick Hahn das Sinfonieorchester Wuppertal für solide Musik, das die vielschichtig-dramatische Partitur differenziert zu Gehör bringt. Ist anfangs die dynamische Balance zwischen den Sängern und Sinfonikern ausgezeichnet, geht sie im weiteren Verlauf etwas verloren.
Das Premierenpublikum im gut besuchten Auditorium bedankt sich mit stehenden Ovationen, gespickt mit Jubelrufen, die nach der üblichen Verbeugungsrunde abebben.
Salome | 13.10., 07.2., 14.2. | Opernhaus Wuppertal | 0202 563 76 00
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