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Der lokale Zeitungsmarkt in Wuppertal steht vor einer Zäsur
Foto: Jan Schliecker

TOP-Verlierer WZ

09. April 2019

Die Westdeutsche Zeitung ist kein Einzelfall, wenn es um sinkende Auflagen geht – Nachgefragt 04/19

Und es hat peng gemacht bei der Westdeutschen Zeitung (WZ)! Ulli Tückmantel, seit fünf Jahren Chefredakteur des Blattes, will das Unternehmen auf eigenen Wunsch hin verlassen; die bisherigen Stellvertreter Annette Ludwig und Lothar Leuschen sollen übernehmen. Was wie ein ganz normaler Vorgang klingt, begleitet von öffentlichem Bedauern seitens Geschäftsführer Oliver Moll, macht dennoch stutzig. Denn einfach so abrupt das Schiff zu verlassen, das ist für Tückmantel, bekannt für seine Ecken und Kanten, ein absolutes Novum. Er wolle sich „neuen beruflichen Herausforderungen“ widmen, verheißt eine Mitteilung der WZ. Laut Geschäftsführer Moll sei man dem scheidenden Chefredakteur „zu großem Dank verpflichtet“. Er habe einen entscheidenden Beitrag zur Weiterentwicklung der Zeitung und Schärfung ihres Markenprofils geleistet. Ist das so?

Schauen wir, wo die WZ heute wirklich steht mit einem Blick auf die Hauptausgabe Wuppertal: eine Verbreitung von 82.161 Exemplaren verzeichnete sie noch vor 20 Jahren – im vierten Quartal 1998. Zehn Jahre später schrumpfte die Auflage auf 58.482 Exemplare, noch einmal zehn Jahre später waren es nur noch 32.034 gedruckte Ausgaben zuzüglich 2.599 ePapers. Das entspricht einem Auflagenverlust von fast 60 Prozent. Die Gesamtauflage schrumpfte im gleichen Zeitraum von 182.485 auf gerade einmal 65.889 Exemplare – mit rund 64 Prozent noch einmal deutlich stärker. Eine verheerende Entwicklung, an der Tückmantel seinen Anteil zu schultern hat: in seiner Zeit als Chefredakteur verlor die Auflage der WZ fast 30 Prozent ihrer Leserinnen und Leser. Erst kurz vor seiner Einstellung 2014 baute der Verlag bereits rund 50 von 100 Redakteursstellen ab. Einzelne Lokalredaktionen wurden geschlossen. Übrig blieben Redaktionen in Wuppertal, Krefeld und Düsseldorf. Das Blatt – eine Rumpfzeitung, die offensichtlich nur dank der Gnade der Rheinischen Post noch überleben kann, da sie diese nicht zum letzten Gefecht ansetzt –  ist bedrohter denn je!

Pascal Hesse
Foto: Stefanie Lawrenz
​Pascal Hesse, investigativer Journalist für trailer, engels, choices, FOCUS und [recherche|kollektiv].
Er ist im Vorstand DJV NRW.

'Nachgefragt: Der Weg des Geldes' ist seine Kolumne

Im Vergleich zu anderen Tageszeitungen entwickelt sich die Auflage der Westdeutschen Zeitung deutlich schlechter. Nachgefragt beim erfahrenen Medienkritiker Steffen Grimberg, macht dieser deutlich: „Die Zeitung hat die Digitalisierung schlichtweg verschlafen.“ Wie so viele Medienhäuser steht das der WZ hier nicht alleine dar. Sie hätten über Jahrzehnte ein bombensicheres Geschäftsmodell gehabt, etwas, was man heute neudeutsch Bundling nennt – ein Gesamtangebot aus journalistischen Inhalten und verbraucherfreundlichen Anzeigen. Natürlich habe es in den 1970er Jahren Konkurrenz von den Anzeigenblättern gegeben, „aber die hat man im Zweifelsfall in liebevoller Umarmung in den eigenen Verlag geholt und integriert. Damit konnte man in vielen Fällen im Ruhrgebiet Monopolstrukturen schaffen und damit prachtvoll wirtschaften.“ Die Digitalisierung hat dieses Modell vollkommen auf den Kopf gestellt. Können Verlage wie der der Westdeutschen Zeitung hier überhaupt noch gegensteuern? Für Grimberg scheint das nahezu an eine Utopie zu grenzen: in fast keinem Bereich sei es den Etablierten gelungen, Innovationsmotor für die neue Zeit zu werden. Heute heißen die Digitalriesen nicht mehr IBM, Bertelsmann und Time Warner, sondern Amazon, Google, Apple und Co. Die deutschen Zeitungsverlage zählen – so traurig es auch ist – nicht dazu.


Rückblick: Nachgehakt – Hackern entgegentreten

Im Sommer vor vier Jahren legten Hacker den Deutschen Bundestag lahm, indem sie sich Zugriff auf 14 Server verschafften. Ende des vergangenen Jahres erfolgte ein erneuter Angriff: zahlreiche Politiker wurden ausgespäht, ihre persönlichen Daten im Netz ausgebreitet – auch die des Wuppertaler Parlamentariers Helge Lindh. Das Forschungszentrum CASA an der Ruhr-Universität in Bochum soll nunmehr Abwehrstrategien gegen massive Cyberangriffe entwickeln. Das Horst-Görtz-Institut, an dem Prof. Christof Paar vom Lehrstuhl Eingebettete Sicherheit und Prof. Eike Kiltz vom Lehrstuhl für Kryptologie und IT-Sicherheit als zwei von insgesamt 26 Professorinnen und Professoren forschen, hat eine Förderung von 35 Millionen Euro erhalten. Es ist eine der anerkanntesten Hochschuleinrichtungen im Bereich IT in ganz Europa.

Pascal Hesse

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