Die österreichische Regisseurin Jessica Hausner hat schon Horrorfilme und historische Dramen realisiert. Doch wenn sie sich in ein Genre begibt, ist ihre Spielfreude so groß, dass man das Genre zunächst kaum wiedererkennt, obwohl die Referenzen an „Körperfresser“ und den kleinen „Horrorladen“ deutlich sind. „Little Joe – Glück ist ein Geschäft“ ist eine Science Fiction, der sehr im Alltag der jungen, alleinerziehenden Wissenschaftlerin Alice angesiedelt ist: Alice hat eine Pflanze kreiert, deren Duft glücklich macht, zugleich aber ihre Besitzer auch stark verändert. In dem farblich betörend gestalteten Film schwirren so einige Themen durch den Raum und verschlingen sich immer mehr – von der Moral der Wissenschaft über Drogen, Feminismus, Kapitalismus und Pädagogik – zu einem von Ironie durchsetzten Blick auf unsere Gesellschaft.
Anfangs hilft Inga (Arndís Hrönn Egilsdóttir) einem ungeborenen Kalb mit einem Seil in eine winterlich fahle Welt hinaus. Etwas in ihrer stoischen Miene verrät dabei, wozu die Frau notfalls fähig ist. In Island führen Inga und ihr Mann Reynir (Hinrik Ólafsson) eine verschuldete, wie alle örtlichen Betriebe von der Genossenschaft kontrollierte Milchfarm. Als Reynir stirbt, gibt Inga keineswegs auf, sondern erklärt der korrupten Kooperative mit wütenden Facebook-Posts und auch mal einer Schippe voll Jauche den Krieg. Der Isländer Grímur Hákonarson („Sture Böcke“) inszeniert seinen Landwirtschaftskrimi „Milchkrieg in Dalsmynni“ als herbe One-Woman-Show. Zwar fehlt dem fast dokumentarisch nüchternen Drama die Wärme des thematisch ähnlichen „Gegen den Strom“, die sture Energie, die Egilsdóttir entfaltet, wiegt das aber auf.
Slim (Daniel Kaluuya) und Queen (Jodie Turner-Smith) haben gerade ihr erstes Date, da werden sie auf der Straße von einer Polizeistreife schikaniert. Die Situation eskaliert und Slim erschießt den Beamten in Notwehr. Das farbige Paar wird fortan von der Polizei gejagt – und von Teilen der Bevölkerung gefeiert: Der Groll auf Polizeiwillkür entlädt sich. Melina Matsoukas gelingt mit „Queen & Slim“ ein brisantes Drama, das Gesellschaftsbild und On-The-Run-Movie in einem ist.
Außerdem neu in den Kinos in Wuppertal, Solingen und Remscheid: Fedor Bondarchuks SF-Sequel „Attraction 2: Invasion“, Nicolas Pesces Grusel-Remake „The Grudge“, William Eubanks Wasser-Spuk „Underwater - Es ist erwacht“ und Sven Unterwaldts Fantasy-Abenteuer „Vier zauberhafte Schwestern“.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.
Hotel Mutti
Die Filmstarts der Woche
Frauen und Favoriten
Opern an Rhein und Ruhr in der Spielzeit 2025/26 – Oper in NRW 07/25
Für eine gerechte Energiewende
Teil 1: Lokale Initiativen – Das Wuppertaler Forschungsprojekt SInBa
Vor der großen Pause
Wuppertaler Kurrende in der Immanuelskirche – Musik 07/25
Abdriften in den Crash
Jazzquartett Jo auf der Insel – Musik 07/25
Was bleibt
Die Natur und wir – Glosse
Ein Bürgergeschenk
Kostenlose Konzerte in der Kölner Philharmonie – Klassik am Rhein 07/25
Zart und kraftvoll zugleich
„Perlen“ von Siân Hughes – Textwelten 07/25
„Städte wie vor dem Zweiten Weltkrieg“
Teil 1: Interview – Stadtforscher Constantin Alexander über die Gestaltung von Wohngebieten
Vielfalt in den Feldern
Belohnungen für mehr Biodiversität in der Landwirtschaft – Europa-Vorbild: Österreich
Tastenlegende auf Tournee
Herbie Hancock in der Philharmonie Essen – Improvisierte Musik in NRW 07/25
Alternative Realität in Tokyo
„Tokyo Sympathy Tower“ von Rie Qudan – Literatur 07/25
Singen gegen den Wahn
Elberfelder Mädchenkurrende in der Friedhofskirche – Musik 07/25
Jazzig und persönlich
Singer-Songwriterin Inga Lühning in der Bandfabrik – Musik 07/25
„Eine Welt, die aus den Fugen ist“
Kulturamtsleiter Benjamin Reissenberger über das Festival Shakespeare Inside Out in Neuss – Premiere 07/25
Nach dem Beton
Teil 1: Leitartikel – Warum wir bald in Seegräsern und Pilzen wohnen könnten
„Der Beton ist natürlich sehr dominant“
Die Kurator:innen Gertrud Peters und Johannes Raumann zu „Human Work“ in Düsseldorf – Sammlung 07/25
Chaos
NRW kürzt bei freien Tanzgruppen – Tanz in NRW 07/25
Eine große Ausnahme
Der Pianist Alexandre Kantorow in Wuppertal – Musik 06/25
Wütende Stimme der Vielen
Deutsche Erstaufführung der Kammeroper „Thumbprint“ im Opernhaus – Bühne 06/24
Mit Wagners „Ring“
Die kommende Spielzeit des Sinfonieorchesters Wuppertal – Musik 06/25
Lebendige Musikgeschichte
Sopranistin Hanna-Elisabeth Müller in Köln – Klassik am Rhein 06/25
„Kein ausschließlich apokalyptischer Nachklang“
Kuratorin Katja Pfeiffer über „Do worry, be happy“ in der Kunsthalle Barmen – Sammlung 06/25
Der Engel der Geschichte
„Die letzten Tage der Menschheit“ an der Oper Köln – Oper in NRW 06/25
Bis zur Neige
„Der Durst“ von Thomas Dahl – Literatur 06/25