Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
18 19 20 21 22 23 24
25 26 27 28 29 30 31

12.553 Beiträge zu
3.784 Filmen im Forum

Esther Hattenbach
Foto: privat

„Explosion des technischen Fortschritts“

31. Januar 2019

Regisseurin Esther Hattenbach über „Im Schatten kalter Sterne“ – Premiere 02/19

Esther Hattenbach inszeniert in der Wuppertaler Oper Christoph Nußbaumeders neues Stück „Im Schatten kalter Sterne“ über das Wohl und Wehe von Künstlicher Intelligenz in Killerdrohnen.

engels: Frau Hattenbach, im Schatten kalter Sterne – wird es da wärmer?
Esther Hattenbach: Nein, es wird noch kälter.

Ein Stück über KI in Killerdrohnen – ist das nicht schon ein Text von gestern?
Thematisch ist es keine Zukunftsvision. Also klar, die Technologie gibt es, es gibt diese Waffen. Israel hat das Waffensystem, die deutsche Bundeswehr hat es auch. Es wird aber noch nicht angewendet, weil es nicht zielgenau genug ist, weil nicht klar ist, nach welchen Parametern Ziele ausgewählt werden. Was nicht von gestern ist, ist, dass wir eine Technologierevolution erleben, die sich in einer unglaublichen Geschwindigkeit entwickelt und wir in gesellschaftlichen Debatten dagegen einen Raum haben, der eine Verlangsamung erfahren hat. Also es geht nicht um die Drohnen. Die Drohnen sind sozusagen ein Beispiel für diese Explosion des technischen Fortschritts, den wir gesellschaftspolitisch und kulturell nicht determiniert bekommen. Von daher ist es wichtig, dass das Theater sich in seiner gesellschaftspolitischen Funktion an diesem Diskurs beteiligt, dass man sich da reinhängt, sich auch gerade in der Kunst damit auseinandersetzt.

Esther Hattenbach
Foto: privat
Zur Person:
Esther Hattenbach, in Weimar geboren, studierte Theaterregie an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg bei Jürgen Flimm. Seit 2001 ist sie als Regisseurin deutschlandweit tätig.

Aber wir reden jetzt nicht direkt von der Technik, sondern von der Angst, dass das Werkzeug zum Akteur wird. Dass die künstliche Intelligenz sich vom Menschen emanzipiert. Und wir nicht wissen, was eine befreite Technik uns gegenüber veranstalten würde.
Das sind diese Hollywoodfantasien, dass die Technik sich vom Menschen befreit, sich verselbstständigt, und eigene Wege geht. Technisch ist das nicht machbar, also noch nicht. Eine Maschine oder ein Programm, eine künstliche Intelligenz hat eine bestimmte Aufgabe, hat ein Ziel, und führt das dann aus, ist aber nicht in der Lage, ein Bewusstsein und damit eigene Ziele und Handlungsabsichten zu entwickeln. Dennoch sind wir in dieser Fortschrittsexplosion als Menschen sehr weit hinterher und damit als biologische Neandertaler nicht in der Lage diese Technik zu handhaben. Und das drückt sich aus in dieser Idee, dass sich Technik vom Menschen abkoppeln könnte. Weil sie sich de facto ja abgekoppelt hat, weil es keinen kulturellen Umgang damit gibt. Also das eigentliche Problem ist nicht, dass die Technik sich verselbstständigt, sondern dass wir noch nicht verstanden haben, was die Technik kann und wie sie gesellschaftlich und kulturell begrenzt, eingehegt werden muss, damit sie nicht zum Feind des Menschen wird.

Die Entwicklungen auf dem Gebiet scheinen unumkehrbar. Steckt auch eine Vision in dem Stück?
Ich glaube, die Vision ist, die Debatte anzuregen. Auch Teil der gesellschaftlichen Debatte zu sein. Also als Theater-, als Kulturschaffende, um da auch Verantwortung zu übernehmen. Also neben der Produktion der Kunst und der Unterhaltung. Einfach zu sagen, es ist ein Thema und dem muss man sich stellen.

Ziemlich menschenleer seit Drohnen fliegen, Foto: Uwe Schinkel

Was interessiert Sie denn besonders an dem Drama in dreißig Szenen?
Es sind Menschen von heute, es sind aktuelle Fragen, die gestellt werden, aktuelle Zerwürfnisse, Identitätsfragen; wie man sich positioniert. Es ist einfach mal ein Stück aus dem Hier und Jetzt. Das finde ich gut.

Brauchen denn die fliegenden Killerdrohnen ausgerechnet die große Bühne in Wuppertal?
Ob sie sie brauchen… Ja, wir haben eine große Bühne und wir haben auch ein großes Bühnenbild – und ich denke, dass es um große Bilder geht. Also das Stück ist ja der Versuch oder Entwurf, Gesellschaft abzubilden, nachzuzeichnen, und darüber eine Aussage zu treffen. Und ich denke dafür braucht es ein großes Thema und einen großen Raum.

Und als Beiwerk bei Nußbaumeder gibt es wieder Liebe, Verrat, Freundschaft…?
… Macht. Alles, was die Menschen schon immer bewegt hat, ja.

„Im Schatten kalter Sterne“ | R: Esther Hattenbach | 23.(P), 27.2. 19.30 Uhr,
24.2. 18 Uhr | Opernhaus Wuppertal | 0202 563 76 66

INTERVIEW: PETER ORTMANN

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Kung Fu Panda 4

Lesen Sie dazu auch:

„Wir hoffen, dass die Geschichte neu wahrgenommen wird“
Regisseurin Julia Burbach inszeniert „Alcina“ an der Oper Wuppertal – Premiere 02/24

Knechtschaft und Ungerechtigkeit
„Cinderella“ im Opernhaus Wuppertal – Oper 12/23

„Giftmord als Kammerspiel ist immer willkommen“
Regisseur Roland Riebeling über „Arsen und Spitzenhäubchen“ am Schauspiel Wuppertal – Premiere 11/23

Neue Allianzen
Bühnen suchen ihr Publikum – Theater in NRW 07/23

„Es geht nicht darum, etwas zu verstehen“
Wuppertals Opernintendant Berthold Schneider zur dritten Inszenierung von „Three Tales“ – Premiere 06/23

„Jede starke Komödie ist tragisch“
Maja Delinić über „Der Revisor“ am Schauspiel Wuppertal – Premiere 03/23

Krakatuk erst spät geknackt, Pirlipat dennoch gerettet
„Der Nussknacker“ am Opernhaus – Auftritt 12/22

Wilde Wasserspiele
Tanztheater Wuppertal mit Pina Bauschs „Vollmond“ – Prolog 11/22

Überwältigender Raumklang
„Intolleranza 2022“ an der Oper Wuppertal – Oper in NRW 10/22

Einmal einfach nur König sein
Marcus Lobbes inszeniert „Macbeth“ am Wuppertaler Opernhaus – Prolog 09/22

Wenn die Lippen schweigen
Franz Lehárs „Lustige Witwe“ im Operhaus Wuppertal – Oper in NRW 08/22

Athener Wald am Abgrund
„Ein Sommernachtstraum“ an der Oper Wuppertal – Auftritt 03/22

Bühne.

Hier erscheint die Aufforderung!