Was macht ein langjähriger verdienter Museumschef nach 13 Dienstjahren und vorab seiner Pensionierung? Richtig, es nochmal mit einer umfassenden Ausstellung und seiner Arbeit richtig krachen lassen. Das probiert auch Dr. Gerhard Finckh in seinem Von der Heydt-Museum mit „1919-2019. Hundert Jahre Moderne“. Das Museum, geprägt vom Bürgertum der verschmolzenen Städte Barmen und Elberfeld, wurde im Krieg arg zerstört, das obere Stockwerk und das Dach waren zerbombt, etwa 1500 Werke unwiederbringlich verloren.
Der Bestand des Museums konnte nach dem Krieg vor allem durch große Schenkungen des Kunstsammlers und Bankiers Eduard von der Heydt (1882-1964) wieder gut aufgefüllt werden; obwohl er temporäres NSDAP-Mitglied war, wurde das ehemalige Rathaus-Gebäude 1961 nach seiner Famile benannt. Bis heute umfasst der Fundus ca. 3000 hochkarätige Gemälde, 500 Skulpturen und 30000 Grafiken. Daher war es einfach, quasi „aus der eigenen Tasche“ diese Ausstellung zu präsentieren, leider aber ohne jeglichen Begleittext zur aktuellen Auswahl und zu den ausgestellten Werken. Ein Heftchen mit allen Bilden stammt noch von 1996.
In der großzügigen oberen Etage wird man begrüßt von zwei hölzernen Herren im Gespräch (Karl Röhrig, 1932) und wandelt denn per Rundgang vorbei an 130 Werken durch die Abteilungen „30er und 40er Jahre“ bis in die Gegenwart. Im „3. Reich und 2. Weltkrieg“, liegt eine stark beschädigte bronzene Hitler-Büste von seinem Architekten Arno Breker auf dem Boden, vorher passiert man Bilder von Max Beckmann und Otto Dix. Der Surrealismus ist untere anderem mit Max Ernst, den „Industriebauern“ von Georg Scholz und der „Toteninsel“ von Salvador Dali vertreten; „schöne“ Blumenbilder von Marc Chagall bilden einen aparten Kontrast zum riesigen Foto des kriegszerstörten Museums. Ob eine dürre Statue von Giacometti, ein Bild des hochbezahlten Gerhard Richter, eine Abteilung „Kunst nach der Stunde Null“ und „Hoffnung nach dem Krieg“, ein Frauenakt von Picasso, das Bild von Neo Rauch, „Roter Junge“, bis hin zu einem überdimensionalen gelben Schulbus von Markus Willeke von 2012, dazu große Farbfeld-Gemälde in eigener Abteilung bis zur Kunst der Gegenwart – es erstaunt schon der opulente eigene Besitz des Museums.
Auch optisch ist vieles sehr geschickt strukturiert, mit aparten Sichtachsen und sehr ansprechender Beleuchtung. Leider lässt, wie zu erfahren war, die Resonanz auf die Ausstellung sehr zu wünschen übrig; am Tag des eigenen Besuchs, einem Feiertag (20. Juni), war nur das Aufsichtspersonal vor Ort. Vielleicht kennen die kunstbeflissenen Wuppertaler die ausgestellten Werke ohnehin von früher, da das international hoch angesagte Haus zu den wichtigsten Kunstorten in Deutschland gehört. Ein Besuch in die aktuelle Ausstellung lohnt allemal, da hier ein perfekter Extrakt der Kunst der letzten 100 Jahre geboten wird.
1919 - 2019. Hundert Jahre Moderne | bis 22.9. | Von der Heydt Museum | www.von-der-heydt-museum.de
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