„Die Stellung der Frau ist im Wandel, in der Welt wie in der Kirche. Die Frauenordination, die geweihte Zulassung von Frauen zu einem geistlichen Kirchenamt, wird weltweit von rund 15 Prozent der Kirchen und Gemeinden akzeptiert. Die römisch-katholische Kirche lehnt sie durchweg ab. Eine prinzipielle Zulassung gibt es neben der Evangelischen Kirche in Deutschland und dem Schweizerischen Kirchenbund auch in der Protestantischen Kirche in den Niederlanden (PKN), einer Union aus drei Kirchen: der gemäßigt-calvinistischen (NHK), streng-calvinistischen (GKH) und der kleinen Evangelisch-Lutherischen Kirche.
Es gibt weitere, aber die PKN als immerhin zweitgrößte Kirche der Niederlande nach der römisch-katholischen ist in liberalen Fragen durchaus Vorbild: Neben der Frauenordination sind homosexuelle Pfarrer zugelassen, zudem ist die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare erlaubt – der Segen ist allerdings prinzipiell von einer christlichen Trauung zu unterscheiden.
Bereits vor Gründung der PKN waren die Niederlande bei der Frauenordination Deutschland voraus: Die mennonitische Theologin Anne Zernike wurde 1911 die erste Pfarrerin der Niederlande. Bei uns war es erst 1958 so weit, mit Elisabeth Haseloff als erster evangelisch-lutherischer Pastorin. Bereits zuvor gab es die Frauenordination, sie blieb jedoch auf kleinere Gemeinden beschränkt – erst die Frauenbewegung hat die Debatte und weitere Liberalisierungen vorangebracht. Beendet ist die Debatte indes nicht.
Das gilt auch für die Frauenquote: Die Erlaubnis zur Frauenordination sorgt noch nicht für rege Umsetzung. Immerhin: Was Frauen in politischen Ämtern betrifft, ist die Liberalisierung 2013 selbst in der calvinistischen Partei SGP angekommen. Bereits 2010 hatte das höchste Gericht der Niederlande den Ausschluss von Frauen von politischen Ämtern als Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz verurteilt.
Freiheit und Gleichheit stehen in einer komplizierten Relation zueinander: Die Bibel weist Passagen für und wider die Gleichstellung von Mann und Frau auf. Religionsfreiheit wiederum bedeutet im Sinne der PKN, dass weder durch kirchliche noch staatliche Autoritäten vorgeschrieben werden kann, wie der Glaube ausgeübt wird. Entsprechend obliegt die Interpretation von Bibel, religiösem Leben und Rolle der Frau auch der jeweiligen Gemeinde.
Entsprechend dürfte der Zusammenhalt der Unionskirche auf einen regen gegenseitigen Austausch der Gemeinden angewiesen sein, um sich der Zusammengehörigkeit zu versichern. Tatsächlich aber ist der Zusammenschluss als PKN auf lokaler Ebene bis heute noch nicht überall vollzogen worden. Ökumenischer Austausch aber ist ohnehin eine ständige Herausforderung in einem demokratischen Staat mit pluralistischer Bevölkerung, zumal angesichts der politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen in Europa, der Migration und politischer Tendenzen – und nicht zuletzt schwindender Mitgliederzahlen in den Kirchen.
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