Gegen zwölf Uhr mittags ist Essenszeit im CBT-Wohnhaus Katharinenstift. Zehn bis zwölf Senioren bilden eine Bewohnergruppe. Sie sitzen in einer lichtdurchfluteten Wohnküche und nehmen ihre Mahlzeit gemeinsam zu sich. Munteres Besteckklappern ist hier zu hören, Wortfetzen erfüllen den Raum.
Allein das Gefühl, dass da jemand zum Sprechen ist, verschafft den älteren Menschen Sicherheit
Marius Pletsch ist Bundesfreiwilligendienstler in einem Altenpflegeheim. Seit September vergangenen Jahres hilft er den Bewohnern bei den großen und kleinen Problemen des Alltags. Er übernimmt die Aufgaben, die außerhalb der Pflege anfallen. Täglich kümmert er sich um kleine handwerkliche Belange, liefert frische Wäsche in die Apartments, dreht neue Glühlampen in die Halterung oder sucht Gegenstände, die von den Senioren vermisste werden. Manche Dinge aber, die die Bewohner glauben, verloren zu haben, gibt es schon lange nicht mehr, existieren nur noch in deren Phantasie. Dann hilft kein Suchen mehr, sondern nur ein offenes Ohr. Allein das Gefühl, dass da jemand zum Sprechen ist, verschafft den älteren Menschen Sicherheit: „Manchmal quatschen wir auch einfach nur über das Wetter“, sagt Marius. Und auch die Bewohner haben den „netten, jungen Mann“, so CBT-Mitarbeiterin Anke Kottmann, ins Herz geschlossen.
Aufgrund des Wegfalls des Zivildienstes ist der Bedarf an helfenden Händen in Altenheimen, Krankenhäusern, Behinderteneinrichtungen oder Kindertagesstätten groß. „Die Stellen im sozialen Bereich sind besonders beliebt für Bundesfreiwilligendienstler“, erklärt Antje Mäder vom Bundesamt für Familien und Zivilgesellschaftliche Aufgaben. Kompensieren kann der Bundesfreiwilligendienst den Wegfall des Zivildiensts nicht, schließt aber zumindest teilweise die dadurch entstandene Lücke. Den Stress, dem das Pflegepersonal alltäglich ausgesetzt ist, kennt auch Marius. Da erleichtert er mit seiner Hilfe gern den Alltag. „Viele Freiwillige übernehmen Tätigkeiten, die ein Hauptamtlicher gar nicht übernehmen könnte“, erklärt Antje Mäder. Über 80.000 Menschen leisten momentan Dienst an der Gesellschaft, mit eingerechnet Volontäre im Freiwilligen Sozialen oder Ökologischen Jahr. Aber für den 21Jährigen ist der Bundesfreiwilligendienst auch eine Reise zu sich selbst. „Kann ich das?“, „Will ich das ein Leben lang machen?“, fragt Marius sich, als er seinen Dienst in der Pflegeeinrichtung beginnt. Zu diesem Zeitpunkt wusste er noch nicht, wie es nach dem Abitur weitergehen soll. Nun ist sich Marius sicher: Er wird Soziale Arbeit studieren. „Ich kann später in vielen Bereichen arbeiten“, sagt er. Je nachdem, ob er einen Studienplatz bekommt, wird Marius noch bis August oder September im CBT-Wohnhaus Katharinenstift beschäftigt sein. Wenn Beruf von Berufung kommt, dann hat Marius seine nun entdeckt.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.

„Es gibt zu wenig finanzierte Plätze“
Wilfried Theißen über die Lage beim Paritätischen Wohlfahrtsverband – Thema 06/12 Freiwillig
„Die Nachfrage ist ungebrochen hoch“
Antje Mäder zum Bundesfreiwilligendienst aus Sicht der betreuenden Behörde – Thema 06/12 Freiwillig
„Menschen, die der Natur wieder etwas zurückgeben wollen“
Gitta Richter über Bundesfreiwillige im Naturschutz – Thema 06/12 Freiwillig
Freiwillig und zivil
Der Bundesfreiwilligendienst feiert im nächsten Monat Geburtstag - THEMA 06/12 FREIWILLIG
Überzeugter Lückenbüßer für die Gemeinschaft
Kevin Buchner betreut in Hilden Kinder mit geistiger und körperlicher Behinderung - Thema 06/12 Freiwillig
Kli Kla Klacks
Intro – Genug für alle
Die Mär vom Kostenhammer
Teil 1: Leitartikel – Das Rentensystem wackelt, weil sich ganze Gruppen der solidarischen Vorsorge entziehen
„Die gesetzliche Rente wird von interessierter Seite schlechtgeredet“
Teil 1: Interview – VdK-Präsidentin Verena Bentele über eine Stärkung des Rentensystems
Der Kitt einer Gesellschaft
Teil 1: Lokale Initiativen – Der Landesverband des Paritätischen in Wuppertal
Gerechtigkeit wäre machbar
Teil 2: Leitartikel – Die Kluft zwischen Arm und Reich ließe sich leicht verringern – wenn die Politik wollte
„Je größer das Vermögen, desto geringer der Steuersatz“
Teil 2: Interview – Finanzwende-Referent Lukas Ott über Erbschaftssteuer und Vermögensungleichheit
Gegen die Vermüllung der Stadt
Teil 2: Lokale Initiativen – Umweltschutz-Initiative drängt auf Umsetzung der Einweg-Verpackungssteuer
Gleiches Recht für alle!
Teil 3: Leitartikel – Aufruhr von oben im Sozialstaat
„Eine neue Ungleichheitsachse“
Teil 3: Interview – Soziologe Martin Heidenreich über Ungleichheit in Deutschland
Klassenkampf im Quartier
Teil 3: Lokale Initiativen – Bochums Stadtteilgewerkschaft Solidarisch in Stahlhausen
Der Staat will zuhören
Wandel im niederländischen Sozialsystem – Europa-Vorbild: Niederlande
Armutszeugnis im Reichtum …
… und alternative Fakten im Wirtschaftssystem – Glosse
Konflikt-Kanzler
Intro – Friedenswissen
Unser höchstes Gut
Teil 1: Leitartikel – Von Kindheit an: besser friedensfähig als kriegstüchtig
„Das ist viel kollektives Erbe, das unfriedlich ist“
Teil 1: Interview – Johanniter-Integrationsberaterin Jana Goldberg über Erziehung zum Frieden
Platz für mehrere Wirklichkeiten
Teil 1: Lokale Initiativen – Kamera und Konflikt: Friedensarbeit im Medienprojekt Wuppertal
Herren des Krieges
Teil 2: Leitartikel – Warum Frieden eine Nebensache ist
„Besser fragen: Welche Defensivwaffen brauchen wir?“
Teil 2: Interview – Philosoph Olaf L. Müller über defensive Aufrüstung und gewaltfreien Widerstand
Politische Körper
Teil 2: Lokale Initiativen – Das Kölner Friedensbildungswerk setzt auf Ganzheitlichkeit
Streiken statt schießen
Teil 3: Leitartikel – Das im Kalten Krieg entwickelte Konzept der Sozialen Verteidigung ist aktueller denn je.