Im Mittelpunkt von Pierre Pinauds zweitem Langfilm „Der Rosengarten von Madame Vernet“ steht die Rosenzüchterin Ebe (formidabel: Catherime Frot), die den maroden Betrieb ihres Vaters fortführt. Der große Antagonist des Films ist ein Großunternehmer namens Lamarzelle (Vincent Dedienne), dem es einzig und allein um die wirtschaftlichen Interessen geht. Schon im ersten Drittel wird der Film kurzzeitig zu einer Art Heist-Movie, weil Madame in ihrem Betrieb drei Hilfsarbeiter aus einem Resozialisierungsprogramm bei sich aufnimmt, von denen Fred (Melan Omerta) eine lange Vorstrafenliste als Einbrecher vorweisen kann. Durch ihn kommt die Rosenzüchterin auf die Idee, ihrem ärgsten Konkurrenten eine seltene Rosenart zu stehlen, um damit eine neue, preisverdächtige Kreuzung zu erstellen. Aber auch mit diesem spannungsreichen Teilhandlungsstrang erschöpfen sich Pinauds Ideen und Themenkomplexe nicht, denn auch Freds Hintergrundgeschichte wird im Film vertieft. In diesen Momenten geht es um die Überwindung von Vorurteilen, das Entdecken und Fördern individueller Talente, um Zusammenhalt, Freundschaft und den Wert eines jeden einzelnen für die Gemeinschaft. Bei etlichen anderen Regisseuren hätte diese thematische Vielfalt und inhaltliche Überfrachtung schnell dazu führen können, dass nichts mehr richtig funktioniert, dass der Zuschauer überfordert ist oder im Wust der Ideen den Überblick und letztendlich das Interesse verliert. Nicht so bei Pierre Pinaud. Der Filmemacher, der sich in seinen bisherigen Kurz- und Langfilmen immer für soziale Themen begeistert hat und klare Statements transportierte, weiß wieder ausgezeichnet die Balance zu halten, um sein Publikum in ein Wechselbad der Gefühle zu schicken.
Fünf von ihren neun Jahren hat die junge Amerikanerin Allison (Abigail Breslin) in Marseille schon abgesessen – ein Mord wurde ihr zur Last gelegt. Ihr Vater Bill (Matt Damon) besucht sie regelmäßig. Als seine Tochter den Fall neu aufzurollen wünscht, fängt Bill eigenhändig an zu ermitteln. Die Theaterschauspielerin Virginie dient dem grobschlächtigen, sturen, aber aufrichtigen Amerikaner als Übersetzerin zur Seite und freundete sich mit ihm an. Tom McCarthy landete mit „Spotlight“ 2016 ein relevantes Thrillerdrama, mit dem er die Missbrauchsfälle der katholischen Kirche in den USA packend beleuchtete. Auch wenn der Score den Film unangemessen seicht begleitet, gelingt McCarthy mit seinem fiktionalen Krimidrama „Stillwater – Gegen jeden Verdacht“ ein spannender Streifen, der mit Charaktertiefe, Humor und nicht zuletzt einer tollen Besetzung überzeugt.
Außerdem neu in den Kinos in Wuppertal, Solingen und Remscheid: Marcus H. Rosenmüllers Kleinstadt-Komödie „Beckenrand Sheriff“, Damir Lukacevics Romanverfilmug „Ein nasser Hund“ und Rodolfo Sayaguess Horror-Sequel „Don't Breathe 2“.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.
Die Träume der Buchhändlerin
Die Filmstarts der Woche
Offene Erwartungen
Das „Rheingold“ an der Oper Köln – Oper in NRW 10/25
Angenehm falsch
„Wiener Blut“ am Essener Aalto-Theater – Oper in NRW 10/25
„Ich wollte mich auf eine Suche nach Kafka begeben“
Regisseurin Agnieszka Holland über „Franz K.“ – Gespräch zum Film 10/25
Gemalte lebendige Natur
„B{l}ooming“ im Kölner Wallraf-Richartz-Museum – Kunst in NRW 10/25
Querschnitt der Gesellschaft
Teil 1: Lokale Initiativen – Das Kulturbüro Wuppertal als Partner der freien Szene
Was hat Kultur denn gebracht?
Eine Erinnerung an Nebensächliches – Glosse
Jede Menge bunter Abende
Wilder Programmmix in der Kölner Philharmonie – Klassik am Rhein 10/25
Jenseits üblicher Klänge
Das Multiphonics Festival 2025 in Köln und Wuppertal – Improvisierte Musik in NRW 10/25
„Kultur muss raus ins Getümmel“
Teil 1: Interview – Philosoph Julian Nida-Rümelin über Cancel Culture und Demokratie
„Man sieht den Raum, wie er ist“
Die Regisseure Charlotte Arndt und Thomas Braus über „Die Stunde in der wir nichts voneinander wussten“ am Theater am Engelsgarten – Premiere 10/25
Die Kunstinitiative OFF-Biennale
Wer hat Angst vor Kunst? – Europa-Vorbild: Ungarn
Tanz gegen Kolonialismus
„La Pola“ im Rautenstrauch-Joest-Museum – Tanz in NRW 10/25
Die Front zwischen Frauenschenkeln
„Der Sohn und das Schneeflöckchen“ von Vernesa Berbo – Literatur 10/25
Günstige Städtereisen
Die Neue Philharmonie Westfalen tourt durchs Ruhrgebiet – Klassik an der Ruhr 10/25
Im Spiegel des Anderen
„Der Junge im Taxi“ von Sylvain Prudhomme – Textwelten 10/25
Der Kulturkampfminister
Teil 1: Leitartikel – Wie Wolfram Weimer sein Amt versteht
Gefeiertes Talent
Jakob Bänsch Quartett im Opernhaus – Musik 10/25
Ausnahmen von der Regel
Erstes städtisches Sinfoniekonzert in der Historischen Stadthalle – Musik 09/25
„Absurd und bewusst irritierend“
Kuratorin Inke Arns über „Genossin Sonne“ im Dortmunder HMKV – Sammlung 09/25
Intime Poesie
Olivia Trummer Trio im Loch – Musik 09/25
Alpinismus im Bilderbuch
„Auf in die Berge!“ von Katja Seifert – Vorlesung 09/25
Verzweifelte Leidenschaft
„Manon Lescaut“ an der Oper Köln – Oper in NRW 09/25
Zu Gast mit Gästen
Die WDR Big Band in der Immanuelskirche – Musik 09/25
Das Leben in seinen Facetten
Wolfgang Tillmans in Remscheid – Kunst in NRW 09/25