engels: Frau Akgün, können Frauen besser mit Macht umgehen als Männer?
Lale Akgün: Das glaube ich nicht. Frauen sind darin nicht so geübt. Da sie gerade anfangen, mit Macht zu experimentieren, sind sie bereit, auch andere Formen des Umgangs mit Macht zuzulassen. Aber so viele Frauen in Machtpositionen gibt es doch gar nicht.
Wir haben eine Bundeskanzlerin, eine Ministerpräsidentin …
Weltweit gibt es in der Politik noch keine Quote. Und Geld verleiht ja auch Macht. Wenn sie sehen, wie das Geld auf der Welt verteilt ist, werden Sie einsehen, dass die Frauen kaum an der pekuniären Macht partizipieren.
Der Islam gilt aus der Perspektive der Stammtischdeutschen als extrem frauenfeindlich. Ist er das?
Nein, aber er ist über Jahrhunderte von Männern interpretiert worden, die den Islam instrumentalisiert haben, um ihren eigenen Machtanspruch durchzusetzen.
Ist das Kopftuch ein Zeichen der Frauenunterdrückung?
Natürlich. Es wird von manchen behauptet, dass das Kopftuch ein Zeichen der Emanzipation der Frau ist. Raffinierter geht Unterdrückung nicht mehr. So etwas fällt nur Männern ein.
Sitze ich gerade mit Alice Schwarzer auf dem Sofa?
Nein, keine Sorge, ich sage auch, dass der Islam eine sehr liberale Religion sein kann. Der Islam schreibt kein Kopftuch vor. Frauen können ohne Kopftuch in die Moschee, sie können ohne Kopftuch beten. Moderne islamische Theologen vertreten, dass dies möglich ist.
Gibt es mächtige Frauen islamischen Glaubens?
Denken Sie an Benazir Bhutto, die Premierministerin von Pakistan war. Die Türkei hatte eine Ministerpräsidentin, lange bevor Angela Merkel Kanzlerin war. Trotzdem ist weder die Türkei noch Pakistan eine Gesellschaft, in der Frauen und Männer gleichberechtigt sind.
Den Aufstand der Kopftuchmädchen sehen wir gerade in den Nachrichten. Wird die Entwicklung in der arabischen Welt Auswirkungen auf die Migranten hier haben?
Das kommt darauf an, wie sich die Entwicklung dort fortsetzt. Kann sich die Demokratie etablieren, wäre das auch ein Befreiungsschlag für die Muslime in Deutschland. Sollten allerdings Fundamentalisten an die Macht kommen, dann werden wir große Probleme bekommen. Gerade die, die dem Islam schon immer kritisch gegenüberstehen, würden sich bestätigt fühlen.
Dr. Lale Akgün (57) ist Psychotherapeutin, Politikerin und Buchautorin und lebt in Köln. Gerade erschien ihr Buch „Aufstand der Kopftuchmädchen“ bei PIPER
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
„Chefetagen sind geschlossene Systeme“
Barbara Steffens über die Frauenquote in Vorständen - Thema 04/11 Frauen an die Macht
„Ich bin die einzige Frau“
Sabine Dietrich über ihre Position bei BP in Bochum - Thema 04/11 Frauen an die Macht
Macht ist Männersache?
Margot Käßmann klebte nicht an ihrem Posten - Thema 04/11 Frauen an die Macht
Frauen regieren die Welt?
Nach den Katastrophe von Fukushima stellt sich die Machtfrage neu - THEMA 04/11 FRAUEN AN DIE MACHT
„Die Lebensumstände sind entscheidend“
Carmen Bartl-Zorn über Karrierechancen von Frauen im Bergischen Land - Thema 04/11 Frauen an die Macht
Mit Erfolg gegen Goliath
Jutta Sundermann ist politische Aktivistin bei Attac - Thema 04/11 Frauen an die Macht
Eine Prinzessin hilft aus dem Labyrinth
Das Netzwerk „Ariadne“ für Unternehmerinnen schafft lohnende Kooperationen - Thema 04/11 Frauen an die Macht
Einig im Treten
Intro – Arbeitskämpfe
Armut wählen
Teil 1: Leitartikel – Zur politischen Kultur Deutschlands
„Egal wer die Brandmauer zerstört, wir werden ihn kritisieren“
Teil 1: Interview – Omas gegen Rechts: Jutta Shaikh über die Verteidigung der Demokratie
Als Bürger wahrgenommen werden
Teil 1: Lokale Initiativen – Lernbehinderte in der KoKoBe erheben ihre politische Stimme.
Bloß der Wille fehlt
Teil 2: Leitartikel – Die Politik zulasten der Ärmsten gefährdet den sozialen Frieden
„Politik für das Gemeinwohl, nicht für Unternehmen“
Teil 2: Interview – Armutsforscher Christoph Butterwegge über die Umverteilung von Reichtum
Jetzt erst recht
Teil 2: Lokale Initiativen – Parents for Future in Köln
Peitsche namens KI
Teil 3: Leitartikel – Beschäftigte werden mit neuester Technologie massenhaft überwacht.
„KI streikt nicht“
Teil 3: Interview – Informatiker und Philosoph Jürgen Geuter über künstliche Intelligenz in der Arbeitswelt
Gegen digitalen Kolonialismus
Teil 3: Lokale Initiativen – Der Chaospott Essen klärt über Technik und Datenschutz auf
Feierabend heißt Feierabend
Neues Gesetz schützt Arbeiter vor ständiger Erreichbarkeit – Europa-Vorbild: Spanien
„Ich ersetze keine Menschen – ich entlarve sie“
Ein Gespräch mit einer Künstlichen Arroganz über den Arbeitsmarkt – Glosse
Zum Wohl!
Intro – Rausch im Glück
Konsum außer Kontrolle
Teil 1: Leitartikel – Was uns zum ständigen Kaufen treibt
„Dann übernimmt das Lusthirn“
Teil 1: Interview – Psychotherapeutin Nadine Farronato über Kaufsucht
Teufelskreis im virtuellen Warenkorb
Teil 1: Lokale Initiativen – Die Caritas-Suchthilfe hilft auch bei Kaufsucht weiter
Lebensqualität gegen Abwärtsspirale
Teil 2: Leitartikel – Drogensucht ist kein Einzelschicksal, sie hat gesellschaftliche Ursachen
„Wir haben das Recht auf Rausch“
Teil 2: Interview – Mediziner Gernot Rücker über die Legalisierung von Drogen