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Foto: stokkete / Adobe Stock

Wer schreit, hört nichts mehr

25. Mai 2022

Medienverantwortung und Kommunikationsrausch – Teil 2: Leitartikel

So selbstverständlich, wie ein Mensch vor 60 Jahren am frühen Morgen oder späten Abend das Wohnungslicht einschaltete, loggen wir uns anno 2022 vor demersten Kaffee ins Internet ein und bleiben bis zum Bettgang online. Der digitale Bürger ist selbst im Schlaf erreichbar und im gleichen Maße Sender wie Empfänger. Dabei öffnen sich die Pforten des Unterbewusstseins für Boten aller Art: über das neueste Schnäppchen auf dem Wäschemarkt, den Partnerschaftsstatus bis hin zu Geschehnissen in Krisengebieten.

Vorbeter der Industrie

Längst haben die großen Medienanstalten das Monopol auf Information und Unterhaltung verloren. Ein Segen der Kommunikation – könnte man meinen. Doch der Fluch lässt nicht auf sich warten. Gemäß den Gesetzen der Ökonomie verliert jede Ware an Wert, wenn sie im Überfluss vorhanden ist. Das Produkt „Nachricht“ wird zum inflationären Gut und vergisst in der Flut von Neuigkeiten seine Bedeutung. Wer zudem im Fieber der Selbstdarstellung auf allen Kanälen schreit, hört bald nichts mehr. Im gleichen Zug steigert sich eine Dynamik von Narzissmus, Manipulation und Betrug – lassen sich die Nutzer neuer Medien bereitwillig zur gläsernen Persönlichkeit formen, die mit einem Lächeln auf den Lippen über Vorlieben sowie Abneigungen Auskunft erteilt. Das freut nicht nur die dahinterstehende Industrie sondern auch deren Vorbeter: Influencer, die mit dubiosen Offerten oder Ansichten in gesichtsgefilterten Inszenierungen ihrer heimischen Aufnahme-Studios die Richtung der Weltläufe mitbestimmen.

Wenn das Ego nicht mehr Herr über den Selbstschutz oder den Schutz Anderer ist, müsste dies eine übergeordnete Schaltstelle übernehmen, gleich dem automatisierten Bremsvorgang eines LKW, der ein Unglück abwendet? Aber wann sollen diese Mechanismen einsetzen? Gehören Meinungsfreiheit und der Zugriff auf Daten nicht zum Selbstverständnis der Demokratie? Die technischen Möglichkeiten abzuschaffen (oder nur einer Minderheit zugänglich zu machen), hieße, Bevormundung, Ungerechtigkeit und verlogene Lösungen für die zivilisatorischen Probleme zu befeuern. These: Nur der radikale Zugang zu Bildung sowie verbal gewaltfreie Aufklärungsoffensiven können gesellschaftliche Konflikte befrieden.

Humanismus vs. Dummheit

Man stelle sich vor, die unlängst von großen Teilen des Bundestags sowie der Medien umjubelte Freisetzung von 100 Milliarden Euro für die militärische Aufrüstung würden zeitnah in Kitas, Schulen, Universitäten und pädagogische Projekte fließen. Mit humanistischer Erziehung respektive der Ausbildung junger Menschen ließe sich jede Gewehrkugel, jede mit Tod bestückte Rakete entschärfen. Aber auch rassistische und diskriminierende Ideologien würden vermutlich ihren Halt im Nährboden der Dummheit verlieren. Vermutlich? Quod erat demonstrandum. Vielleicht ist es an der Zeit, dieses Experiment zu wagen. Eine Fokussierung auf die arrivierten TV- und Radio-Stationen, Print- oder Onlineformate erscheint obsolet. Vielmehr sei für alle Sender ein universeller Codex zur Unantastbarkeit der Würde verpflichtend und mittels intelligenter Systeme zu verwirklichen. Als oberste Prinzipien könnten folgende Leitgedanken gelten: Information ohne Glorifikation. Themenbehandlung jenseits der Anbiederung. Meinungsvielfalt. Diskurse ohne Ausgrenzung. Wahrung der Unabhängigkeit. Das klingt nach Fiktion? Die Wahl ist simpel: Streben wir gen Utopia oder küren wir einen glücklichen Gewinner, der mit verzerrtem Grinsen sein „Willkommen in Dystopia!“ Richtung Kamera haucht und die Lichter der Erkenntnis löscht?

 

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Thomas Dahl

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