Sie hatte Mut zu deutlichen Worten, Mut, sich auffällig zu kleiden, Mut, ihrer Auffassung Ausdruck zu verleihen. Else Lasker-Schüler, im damaligen Elberfeld geboren, war eine exzentrische Frau, kreativ, stark, kritisch. Dass das Andenken an die jüdische Expressionistin auch heute in Wuppertal noch so lebendig ist, verdankt Else Lasker-Schüler wohl zu einem großen Teil einer Gesellschaft, die sich nach ihr benannt hat. Seit 1990 pflegt die Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft von der Geburtsstadt der Dichterin aus Teile ihres Nachlasses ebenso wie die Erinnerung an ihr Leben und Schaffen. „Die, die ins Exil geschickt wurden, wurden nie wieder heimgelassen“, sagt Hajo Jahn, Vorsitzender der ELS-Gesellschaft. Ein Grund mehr für die Einrichtung, in Gedenken an die Wuppertaler Jüdin immer wieder neue Projekte zu initiieren: Ausstellungen, Herausgabe der ersten kritischen Gesamtausgabe der Lyrikerin, die Übertragung von Dichtung, Portraits und weiterer Werke in zahlreiche Sprachen, Foren. „Wir haben schon einige Ziele erreicht. Durch uns wurde die Dichterin erheblich bekannter“, sagt Jahn. Immer mehr bildende Künstler, Gegenwartskomponisten, Schauspieler, die Volkshochschule wie auch weitere Einrichtungen beschäftigten sich mit ihr.
In einer Zeit, in der Vorbilder rar seien, wolle die Gesellschaft die Besten aus der deutschen und abendländischen Kultur vorstellen – eben auch Else Lasker-Schüler. „Wir haben nicht nur die Sprache in Form ihrer Gedichte bewahrt, sondern auch Ereignisse aus der Nazizeit und des kommunistischen Regimes“, sagt Jahn. Die Bedingungen, unter denen die fast 20 Jahre alte Gesellschaft arbeitet, sind laut Jahn oft erschwert. „Else Lasker- Schüler wird in ihrer Heimatstadt nicht so gefeiert, wie es ihr gebühren würde.“ Spät sei sie berühmt geworden, widerspenstig, unordentlich, großmütig gewesen – für manche Meinungsträger zu unbequem, um sich mit ihr zu befassen. Bemühungen, das Schauspielhaus nach der jüdischen Dichterin zu benennen, seien beispielsweise vergeblich gewesen, sagt Jahn. Umso offener gingen vor allem Schulen auf das Thema zu. Man feiere eine „Renaissance“ von Else Lasker-Schüler und ihren Texten – und das, „obwohl einige davon nicht so zugänglich sind“, sagt Jahn mit Stolz. „Das ist ein Phänomen und ein Arbeitserfolg.“ Der Vorsitzende geht fest davon aus, dass diese Tendenz sich auch in Zukunft fortsetzt. Dennoch bleibt er bescheiden: „Die Hoffnung ist ein Prinzip – und keine Gewissheit.“
Else Lasker-Schüler
11. Februar 1869: Geburt Elisabeth Schülers als sechstes Kind einer jüdischen Familie in Elberfeld, heute Wuppertal; aufgewachsen im Briller Viertel. 1890: Tod der Mutter. 1894: Heirat des Arztes Dr. Jonathan Berthold Lasker, Übersiedelung nach Berlin. 1897: Tod des Vaters. 1899: Geburt ihres Sohnes Paul und Gedicht- Veröffentlichungen in Zeitschriften. 1902: erster Gedichtband „Styx“. 1903: Scheidung, dann Hochzeit mit Herwarth Walden alias Georg Levin, Herausgeber der Zeitschrift „Der Sturm“. 1906: erstes Prosawerk „Das Peter-Hille-Buch“; 1907: Prosasammlung „Die Nächte der Tino von Bagdad“; 1909: Produktion des Schauspiels Die Wupper (Aufführung: Berlin, 1919); 1911: Gedichtband „Meine Wunder“ – damit wurde sie zur führenden deutschen Expressionistin. 1912: Scheidung von Walden, anschließend lebt Lasker- Schüler mit Unterstützung von Karl Kraus. Ab 1912 enge Freundschaft mit Gottfried Benn. 1927: Tod ihres Sohnes. 1932: Auszeichnung mit dem Kleist-Preis; 1933 Emigration nach Zürich wegen Naziverfolgung. Reisen nach Palästina 1934 und 1937. Mit 75 Jahren, am 22. Januar 1945, stirbt Else Lasker-Schüler an den Folgen einer Herzerkrankung im Exil in Jerusalem.
Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft
Herzogstraße 42 in Wuppertal I 0202 30 51 98
www.else-lasker-schueler-gesellschaft.de
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