Es ist zum Verrücktwerden mit der Menschheit. Krieg und Brutalität allerorten. Wir wissen es doch besser. Bloß, was hilft’s, wenn wir verlässlich Verhängnisvolles bewirken? Halten wir uns an das vielzitierte Wort der Philosophen Max Horkheimer und Theodor W. Adorno, die vollends aufgeklärte Erde strahle im Zeichen triumphalen Unheils, dann mag sich mancher sagen: Versuchen wir es gar nicht erst, denn ob aller Vorsicht werden unsere Handlungen fatale Wirkungen zeitigen. Klingt verkopft, ist aber was dran; denken wir nur an das, was Menschen anderen Menschen im Namen von Fortschritt und Moral angetan haben oder wie moderne Technik die Biosphäre bedroht.
Gehen wir aber noch weiter zurück in unserer Ideenwelt, dann stoßen wir bald auf Sisyphos, mit dem wir Mut schöpfen dürfen, rollte der doch wieder und wieder einen Stein auf einen Berg, im Wissen, dass es vergeblich bleiben, der Stein wieder herunterrollen wird. Der Clou: Sisyphos war darin glücklich, wie uns der Schriftsteller und Philosoph Albert Camus erklärt hat – praktisch zeitgleich mit Horkheimer und Adorno, die übrigens auch nicht den Schluss gezogen haben, es habe alles keinen Sinn, also könnten wir es auch bleiben lassen. Kein Grund also, am Scheitern zu verzweifeln, wenn wir uns an antike oder moderne Klassiker halten.
Soweit die Theorie. Handeln aber müssen wir, ob beschwingt oder in Angstschweiß gebadet. Schon stehen wir vor dem nächsten Problem, das beileibe nicht nur Theoretiker bewegt, sondern eine Mühe der Demokratie bleibt – in der wir uns einig sind, dass wir uns nicht mit Gewalt durchsetzen wollen: Wie können wir in aufgeheizten Konflikten für Gutes eintreten, wenn Worte nicht gehört werden oder nicht überzeugen, wenn beim Gegenüber nicht einmal guter Wille vorhanden ist? Wie sollen wir uns motivieren, wenn wir zeitlebens erfahren, dass Argumente beiseite gewischt werden, wir den Eindruck haben, dass Gleichgültigkeit herrscht, mit Phrasen jedes Übel gerechtfertigt wird, dass Krieg als legitimes Mittel gilt, beispielsweise Rohstoffinteressen durchzusetzen – und es gewiss scheint, dass friedliche Revolutionen Ausnahmen bleiben werden?
In so großen Fragen geraten selbst große Philosophen leicht ins Schlingern. Im Monatsthema WORT ODER WAFFE möchten wir den Überblick behalten, indem wir uns drei Herausforderungen zuwenden, die uns alle betreffen und deren Mühsal außer Frage steht: Was tun wir angesichts einer Bürokratie, von der wir uns oft gegängelt fühlen, die sogar unsere Existenz bedrohen kann, von der wir aber auch wissen, dass sie unverzichtbar ist? Wie helfen uns Kunst und Literatur dabei, Verständnis für fremde oder befremdliche Kulturen und Lebensläufe zu entwickeln und derart Konflikte zu entschärfen? Wie gehen wir schließlich vor, wenn wir uns konkret und friedlich für Mensch und Umwelt einsetzen wollen? Kurzum: Bitte weiterrollen.
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