… wenigstens auf der Bühne. Kinder allein daheim erleben ja allerlei Aufregendes. Am Spektakulärsten in einer Hollywoodverfilmung mit einem gewissen Kevin, aber auch mit weniger Tamtam kann sich wohl jeder Erwachsene daran erinnern, wie er als Kind allein zu Hause hinter Schatten Monster vermutete und jedes Treppenknarren natürlich vom schweren Schritt eines Ärgermachers stammen musste. Mit „Angstmän“ gibt es im Kinder- und Jugendtheater Superheldenalarm. Regie führt Katja Leibold-Büchmann nach dem gleichnamigen Buch von Hartmut El Kurdi. Er beschreibt einen eigentlich gewöhnlichen Abend der neunjährigen Jennifer, die die sturmfreie Bude dazu nutzt, die „Liste der verbotenen Dinge“ abzuarbeiten. Dazu zählen schöne Beschäftigungen wie mit Schuhen auf dem Sofa herumzulungern, Sicherungen rausfliegen zu lassen, eine lange Bestellung beim Pizzadienst abzugeben und dazu das Fernsehprogramm rauf- und runter zu zappen. Aber irgendwann muss auch sie ins Bett und das Licht ausmachen. Sprichwörtlich der Knackpunkt. Denn plötzlich hört sie ein Geräusch. Das Buch bestach mit spritzigen Ideen und wurde als bewusst auf Umgangssprache setzendes Kammerspiel 2002 mit dem Deutschen Kinderhörspielpreis ausgezeichnet. Mit Spannung wird die Bühnenadaption des Kinder- und Jugendtheaters erwartet.
Im September zeigt sich die Stadt von ihrer besten Seite. In 24 Stunden Wuppertal live gewähren Fabrikanten Blicke hinter die Kulissen, verwandeln sich Schauplätze zu Spielstätten und werden Einheimische und Zugereiste mit auf eine oft kulturelle Odyssee genommen. So will Uwe Neubauer in einer Endlosschleife quasi nonstop ein „Best of“ Wolfgang Herrndorfs vortragen. Der ist vor allem durch seinen sensationellen Jugendroman „Tschick“ in aller Munde. Jetzt wäre Herrndorf, der sich 2013 wegen eines Hirntumors das Leben nahm, 50 geworden. Und hoffentlich kommen auch Passagen aus „Sand“ oder den wunderbaren „Plüschgewittern“ zum Vortrag.
Nathan, der Weise, hat letztlich nur das Glück im Blick. Und zwar in Form gelebter Ökumene als friedlicher Toleranz aller Religionen parallel zu- und miteinander. Das von Gotthold Ephraim Lessing verfasste dramatische Gedicht, wichtiges Dokument in der Epoche der Aufklärung, hat, allen sprachlichen Altertümlichkeiten zum Trotz, natürlich inhaltlich rein gar nichts von seiner Aktualität verloren. Können Christen, Juden und Muslime sich im gemeinsamen Menschlichen versöhnen? Die ambitionierten Amateure des TalTonTheaters nehmen sich dieser 1779 von Lessing gestellten Frage und seines Stückes nun an, in dessen Mittelpunkt die berühmt-berüchtigte Ringparabel steht. Mit seiner Parabel „Nathan der Weise“ formulierte Lessing die Notwendigkeit, ein stabiles Gleichgewicht zwischen den Religionen auf der Basis der Vernunft zu erringen. Er trat damit in den Widerstreit zur Kanzel; dessen ungeachtet kam seine Bühnenfigur Nathan in den zweifelhaften Ruf des Welterklärers, wurde oftmals als Alibi für Wiedergutmachung historischer Schuld auf den Theatersockel gehoben und sein Drama als Lehrstück missverstanden. Mal schauen, was die TalToner Interessantes daraus machen.
„Angstmän“ | Sa 5.9.(P) 16 Uhr | Berufskolleg, Bundesallee 222
Wuppertal live | Fr 18. u. Sa 19.9. | div. Orte | www.wupp24.de
„Nathan der Weise“ | So 24.10.(P) 20 Uhr | TalTonTheater
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