Die Serie „Le Pop“ des gleichnamigen Kölner Plattenlabels ist bei Nummer sieben angelangt, und nach einigen auflockernden Specials wie einer Duett- oder einer Frauen-Folge kann man sich schon fragen, wie lange das noch gut geht. Andererseits scheint die Welle an „Chansons de la nouvelle scène français“ nicht abzureißen, wie die CD bescheinigt. Zwar finden sich unter den 16 Stücken auch mediokre Songs, doch der Charme früherer Compilations blitzt immer wieder auf. Mindestens bei altgedienten Kandidaten wie François Breut, Mathieu Boogaerts oder Dominique A. Scott Walker – in den 60er Jahren schmachtender Teeniestar bei den Walker Brothers und später düsterer Singer/Songwriter, macht seit den 90er Jahren ca. alle fünf Jahre eine Platte, bei der einem angst und bange wird. „Bish Bosch“ ist wieder so ein neutönerisches Werk mit eindringlichem Gesang, der durch Mark und Bein geht. Das ist zugleich cool und angsteinflößend. 70 wird er im Januar: ein imposantes Alterswerk (4AD). „Guten Tag“ heißt das neue Album von Paul Kalkbrenner und wird sicher wieder ein Hit. Das hat sich nach dem erfolgreichen Auftritt in „Berlin Calling“ einfach verselbstständigt. Die Tracktitel sind lustig, und die melodischen Stücke gehen fluffig durch (Rough Trade).
„Searching for Sugar Man“ lautet der Titel einer im Dezember in den Kinos anlaufenden Dokumentation über die ungewöhnliche Geschichte des Singer/Songwriters Rodriguez. Der Hispano-Amerikaner Sixto Rodriguez veröffentlichte Anfang der 70er Jahre zwei spannende Alben, die aber völlig untergingen. Durch einen Zufall wurde die Musik von Rodriguez aber in Südafrika zum Soundtrack der Apartheitsbewegung. Während er in den USA auf dem Bau arbeitete, feierte man ihn dort. Der Soundtrack versammelt 14 Songs des häufig mit Dylan verglichenen Musikers (Sony). Es gibt Menschen, die sehen in „Nuggets“ einen nicht unwichtigen Baustein in der Entstehung von Punk. Das Doppelalbum mit 27 „Artefacts from the first psychedelic Era 1965 – 1968“ erschien 1972. Lenny Kaye, der später mit der Patti Smith Group berühmt werden sollte, hat die rohen Stücke von u.a. Seeds, 13th Floor Elevators, Electric Prunes oder Count Five zusammengestellt und damit noch mal auf die Energie des Garagen Punk hingewiesen. Das Album erscheint zum 40. Jubiläum als CD und Vinyl mit Klappcover (Rhino).
Das Trio Kluster, das später als Cluster weiter an seinem Prä-Industrial feilte und zunehmend Rhythmus und Melodie in den Vordergrund schob, veröffentlichte zwei Alben. Ein drittes wurde 1970 von Moebius, Roedelius und Schnitzler aufgenommen, erschien dann aber unter dem Titel „Schwarz“ als erstes Soloalbum von Conrad Schnitzler. Im Gegensatz zu den beiden Kluster-Alben finden sich hier keine Literatur-Rezitationen, die Soundexperimente können sich frei entfalten. Hör mit Schmerzen inmitten von Hippie-Glückseligkeit (bureau b). Wiederveröffentlichungen und Wiederentdeckungen alter Musik sind auch Thema in Simon Reynolds’ Buch „Retromania“. Er widmet sich dem immer schon präsenten historischen Rückgriff in der Popmusik, der in der letzten Dekade aber einen Zenit erreicht hat. Zwischen Revival, Reissue und Reunions, Zitat, Sampling und anderen Aneignungsformen, beim Plattensammeln und im Archiv von YouTube – Reinolds analysiert akribisch und unterhaltsam das Verlangen nach dem Rückgriff auf Altbewährtes soziologisch, psychologisch und historisch (Ventil Verlag).
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