Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
22 23 24 25 26 27 28
29 30 1 2 3 4 5

12.623 Beiträge zu
3.845 Filmen im Forum

Foto: Hartmut Sassenhausen

Ausnahmen von der Regel

24. September 2025

Erstes städtisches Sinfoniekonzert in der Historischen Stadthalle – Musik 09/25

Äußerst rar gesät sind sinfonische Konzertprogramme, auf denen ausschließlich Werke stehen, die selten aufgeführt werden. Eine Ausnahme ist das erste städtische Sinfoniekonzert dieser Spielzeit. Drei solcher Kompositionen hat Gastdirigent Christian Reif ausgesucht, mit denen er im gut besuchten Großen Saal der Historischen Stadthalle für einen gediegenen Einstand in die neue Saison des Sinfonieorchesters Wuppertal sorgt.

Beethoven, Korngold, Weill

Gut, Ludwig van Beethovens vierte Sinfonie erklingt hin und wieder live. Zuletzt wurde dieses Opus 60 vor rund fünf Jahren hier gespielt. Doch viel beliebter sind die Eroica, Pastorale, Fünfte und Neunte von ihm, die, salopp ausgedrückt, mit zu den Egerländer Welthits der sinfonischen Musik zählen. Zwei Orchesterwerke hat das Sinfonieorchester Wuppertal heute sogar zum ersten Mal auf den Pulten liegen. Erich Wolfgang Korngolds „Theme and Variations“ op. 42 und die zweite Sinfonie von Kurt Weill. Beide Tonsetzer dürften zwar allseits bekannt sein: Korngold (1897-1957) als mit zwei Oscars ausgezeichneter Filmkomponist für seine Vertonung von Hollywood-Streifen und Weill (1900-1950) wegen seiner Musicals, des Balletts „Die sieben Todsünden“ und vor allem seiner Dreigroschenoper. Doch beide schufen auch etliches anderer Gattungen, etwa Kammermusik, Chormusik, Kantaten oder Orchesterwerke. Vieles davon verschwand nach Erstaufführgen lange in der Versenkung, doch nach und nach werden diese Werke wieder zum Vorschein gebracht. So ist es nur verständlich, dass Reif kurz etwas zu diesen beiden Stücken sagt.

Korngolds nur ein paar Minuten dauerndes Variationswerk aus dem Jahr 1953 ist seine vorletzte Tonschöpfung. Sie ist entstanden kurz vor seiner „Straussiana“, die er bewusst mit keiner Opuszahl versah, weil er glaubte, er würde nicht mehr lange genug leben, um etwas über Opus 42 hinaus zu komponieren. Er starb vier Jahre später. Das schüchterne, einfache Thema klingt laut seinen Worten „wie eine irische Volksweise“. Die sieben Variationen, zwei davon langsam, sind klangfarbenreich orchestriert, leicht zugänglich und muten vor allem gegen Ende bildhaft an, wie Musik ohne Filmvorlage. Weills dreisätzige zweite Sinfonie, sehr bald nach seiner Flucht vor den Nazis im Februar 1934 als Partitur fertiggestellt, ist von einem tragischen Gestus durchzogen. Immer wieder, nicht nur im Binnensatz mit seiner dominierenden Trauermarsch-Melodie, ist düstere Stimmung, Angst und Nostalgie herauszuhören. Die Bedrohung durch den Nationalsozialismus ist allgegenwärtig.

Schüchtern, düster

Mit diesem Programm debütiert Reif in Wuppertal und gibt damit eine sehr gute Visitenkarte ab. Präzise lotst er die städtischen Sinfoniker durch die drei Partituren. Differenziert selbst im lauten Forte erklingt die Musik. Mit festem Zugriff kommt Beethovens Vierte daher, ihre inhaltliche und formale Geschlossenheit wird mit großen musikalischen Bögen zum Ausdruck gebracht. Nicht minder gehaltvoll wird Korngolds Variationswerk vermittelt. Die sieben prägnanten Veränderungen des Themas werden glasklar aufgeführt. Die bedrückende Stimmung der Weill-Sinfonie kommt dank brillanter Klangbilder plausibel von der Bühne.

Das Publikum bedankt sich bei Reif und dem städtischen Orchester für diese stimmige Matinee mit stehenden Ovationen, gespickt mit einigen Bravorufen.

Hartmut Sassenhausen

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.

Neue Kinofilme

Die Schule der magischen Tiere 4

Lesen Sie dazu auch:

Keine leichte Wahl
Orgelwettbewerb in Historischer Stadthalle – Musik 09/25

Lehrkräfte auf der Bühne
Eröffnungskonzert des Wuppertaler Musiksommers – Musik 08/25

Universelle Sprache
Abschlusskonzert des Klavier-Festivals Ruhr in Wuppertal – Musik 07/25

Nicht nur für Orgelfans
16. Wuppertaler Musiksommer in der Historischen Stadthalle – Musik 07/25

Dämonisches Treiben
9. städtisches Sinfoniekonzert in der Historischen Stadthalle – Musik 05/25

Dynamisches Debüt
Achtes städtisches Sinfoniekonzert in der Stadthalle – Musik 04/25

„Kurzweilige Werke aus Oper und Operette“
Leiter Thorsten Pech über das Konzert zum 75. Geburtstag des Konzertchors Wuppertal – Interview 03/25

Satte Bläser, kongeniales Duo
WDR Big Band in Historischer Stadthalle – 02/25

Schwelgende Ausbrüche
5. städtisches Sinfoniekonzert in der Historischen Stadthalle – Musik 01/25

Unterhaltsame Stille Nacht
Till Brönner in der Historischen Stadthalle – Musik 12/24

Das Glück nach dem Schmerz
1. städtisches Chorkonzert in der Historischen Stadthalle – Musik 12/24

Ü40-Party mit Kölschrock
BAP in der Historischen Stadthalle – Musik 11/24

Musik.