Über die Wupper. Wer sollte wohl besser Pate stehen für ein Junges Theaterfestival in der bergischen Metropole ohne Theaterhaus? Und dann noch dieser Titel: „Die Verscheuchte"! Das ist ein musikalisches Märchen nach Motiven von Else Lasker-Schüler der Musiktheatergruppe von der Alten Feuerwache, der Bühnenbild-AG der GGS Nützenberg und junger Wuppertaler Musiker. Hier werden Gedichte und Motive aus dem Leben der Grand Dame der avantgardistischen Moderne musikalisch und inhaltlich verwoben. Es ist als Plot auch die Geschichte von Lina, einem Mädchen, das mit den Tieren im Wald näher befreundet ist als mit den Kindern im Dorf. Deshalb wird sie aus dem Dorf verscheucht und flieht in den Wald. Doch auch im Wald werden die Tiere und Lina vom herrschenden Prinzen bedroht.
Ohne Gretel und Hänsel
Vom 18. bis 25. Mai will das Junge Theaterfestival Wuppertal wieder eine Plattform für die Darstellenden Künste von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen sein. Zu sehen sind diese Akteure in diesem Jahr auf den Bühnen des Kulturzentrums die börse an der Wolkenburg. 14 Gruppen aus allen Schulformen, aus den Spielclubs der Theater und der soziokulturellen Zentren stellen dann dort ihre Arbeiten vor. Schauspiel, Musical, Tanz, Performance, Improvisationstheater: Alle Facetten der Bühnenkunst vom Theaterklassiker über Musicals bis zu Bühnenadaptionen bekannter Kinderbücher und Jugendromane präsentieren fast 500 Theaterbegeisterte im Laufe einer Woche unter professionellen Bedingungen.
Ein Programm ohne Hänsel und Gretel, aber mit Hexen. Mit Programmatik zwischen Zukunftsgedanken, Mobbing und Schönheitswahn, aber auch das Miteinander der Kulturen, Machtausübung oder Zeitempfinden werden hier thematisiert. Und der olle Shakespeare und der wilde Georg Büchner fehlen natürlich auch nicht.
Nach Maß: Angepasst, aufgepasst
Was Dich nicht umbringt, bringt Dich zum Recall. „Supermensch, supergeil" ist eine Eigenproduktion des jungen börsenensembles. Es geht um Superjobs und Supermarkt. Nichts geht heute mehr ohne Castings, die längst die Gesellschaft in Gewinner und Verlierer sortieren. Gecastet wird für die WG, den Job, die Freundschaftsliste. Gevotet wird in der Schule, am Arbeitsplatz, im Supermarkt, überall. Die Schauspieler machen sich auf die Suche nach den Folgen: Werden eigentlich wirklich die Besten gesucht oder nur die angepasstesten? Denn wer hat die eigentliche Macht über die Kriterien und die Auswahl? Das Stück „Aufbruch" ist auch eine Eigenproduktion. Die Tanz- und Theaterwerkstatt der Hauptschule Elberfeld-Mitte sucht die Zukunft in einer Collage aus Tanz und Theater: „Wir brechen auf, unsere Tage an der Schule sind gezählt." Etwas unsicher, aber auch mutig und neugierig wollen sie der Welt da draußen begegnen. Gespannt auf neue Erfahrungen und die verschiedenen Wege, die wir gehen werden. Jetzt sage niemand: Erst mal ein Casting.
Früh übt sich
Auch die ganz Jungen sind am Theaterfestival beteiligt. Zwei 3. Klassen der Grundschule Küllenhahn präsentieren eine Mischung aus stolzem Hexentum und tierischer Zivilisationskritik. In „Tuishi pamoja", einem Musical von Sandra Engelhardt und Martin Maria Schult, fragen sie sich, ob Streifen wirklich doof machen und man mit langhaarigen Tieren sowieso nicht vernünftig reden kann. Es streiten sich das Giraffenkind Raffi und das kleine Zebra Zea, deren Herden, obwohl sie nebeneinander leben, nicht miteinander sprechen. Eine wichtige Geschichte über Vorurteile, Freundschaft und Toleranz, natürlich mit echtem afrikanischen Groove. Den hat auch immer noch die kleine Hexe, hier frei nach Otfried Preußler, aber immer noch auf dem Blocksberg und mit guten und bösen Hexen bei der jährlichen Walpurgisnacht.
Kulturelle Teilhabe in Wuppertal?
Bereits zum sechsten Mal bietet das Junge Theaterfestival in Wuppertal ein Forum zur Präsentation, zum Austausch und zur gegenseitigen Wahrnehmung der Gruppen und ihrer Stücke unter dem Motto „Sehen und gesehen werden". Sie richten mit der Theaterwoche einen Fokus auf die Kunst und Kultur junger Menschen, auf die kulturelle Begeisterung und Kreativität dieser Generation. Auch das ist eine Möglichkeit der politisch gewollten kulturellen Teilhabe und soll natürlich ein wichtiger Bestandteil für die gesellschaftlichen Entwicklungen sein. Im Rahmen der Theaterwoche sind Plakatentwürfe für das diesjährige Festival im Foyer der börse zu sehen. Sie wurden von Schülerinnen und Schülern des Berufskollegs am Kothen (Fachrichtung: Gestaltungstechnische Assistenten, Schwerpunkt Medien) entworfen, das schon im siebten Jahr das grafische Erscheinungsbild entwickelt und mit professioneller Unterstützung umgesetzt hat.
Junges Theaterfestival Wuppertal | 18.-25.5. | Kulturzentrum die börse an der Wolkenburg | www.jungestheaterfestival-wtal.de | 0202 24 32 20
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